Dienstag, 22. Juni 2010

Du stirbst nicht,

ist der Titel des Romans, den ich gerade lese. Die Protagonistin erwacht nach einem Aneurysma, erzählt wird ausschließlich aus ihrer Sicht - wie es ihr geht und wie sie um ihre Erinnerungen ringt.

Vor fünf Jahren überlebte eine sehr gute Freundin von mir eine Hirnblutung. Ich wollte ihr mein Erschrecken nicht zeigen beim ersten Besuch im Spital. Jahre gealtert sah sie aus, die Haare teilweise wegrasiert, blass und unbeweglich.

Die Romanfigur hat fünf Kinder, zwei von ihrem ersten Mann und drei mit dem zweiten, der ihr jetzt so fürsorglich zur Seite steht. Bald weiß sie wieder, dass sie dennoch eigentlich am Gehen war.

Die M. wollte ihren Mann auch wenige Male verlassen, es schien mir am Ende doch ernst zu sein. Wenn auch nicht leicht, auch wenn nur ein Kind da war. Allerdings ein „besonderes“. Die M. blieb, und war dann froh darüber. Sie könne ja nicht einmal mehr streiten, sie hätte spätestens nach zwanzig Minuten den Anlass vergessen, sagte sie.

Demnächst wird die Romanfigur Besuch von ihrer Freundin erhalten. Von ihrer "richtigen", langjährigen Freundin, nicht von der umoperierten Frau, in die sie sich verliebt hat, und die sie (noch) nicht so richtig einordnen kann, bei der ihr noch so viel Erinnerung fehlt.

Die M. hat mir ihre Freundschaft gekündigt, ein Jahr später, als sie mit sehr viel Glück sehr viele ihrer Fähigkeiten zurück gewonnen hatte. Nur dieselbe wie vorher, die wurde sie nicht. Ich sei ihr zu unaufrichtig, hat sie gesagt, und lieb lächeln und ein bisschen S*x, das gehe vielleicht bei meinen Männern, aber nicht bei ihr.

Das Buch fesselt mich, es ist gut geschrieben.

Manchmal würde ich der M. gerne erzählen, wie mein Leben weiter gegangen ist.
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hans1962 - 22. Jun, 23:03

An Brüchen konnte ich für mich mittlerweile eine hervorragende Eigenschaft identifizieren: Sie unterbrechen tells schroff, teils lückenhaft die Glätte des Geplanten oder des Erhofften oder einfach des "Werdens" - und geben Halt für die kommenden Abschnitte...

Lieben Gruß durch die Nacht!

la-mamma - 23. Jun, 07:20

das ist ein schöner trost,

ich glaub sogar auch, dass einen brüche im leben im guten fall "weitherziger" machen.
(aber es stimmt wohl auch, dass man "normale" trennungen - also nach einer ehe, beziehung - leichter verkraftet, als das ende einer echten langjährigen freundschaft.)
Strammer Max (Gast) - 23. Jun, 11:20

Hallo Hans, stimmt irgendwie was Du da schreibst.
Die Trennung von einem langjährigen Freund/einer Freundin ist manchmal, auch wenn es sicherlich auch schmerzhaft ist, auch ein Fortschritt. Ein Ballast der er immer schon war, den man aber durch die Freundschaftsbrille nie so wahrgenommen hatte, fällt von einem ab und das Leben geht im neuen Abschnitt viel besser weiter
la-mamma - 23. Jun, 12:17

@strammer max

vielleicht hab ich die freundschaft selber sozusagen wirklich wie eine - womöglich gar nicht so einfache "verpflichtung" - weitergeführt. ob es jetzt ohne sie besser oder schlechter ist, will ich gar nicht werten. aber sie war diejenige, die immer für ein wahres wort gut war, und solche freunde hab ich nur ganz wenige.
hans1962 - 23. Jun, 23:55

Das "getrennt werden", das ohnmächtige "hinnehmen müssen", das passive "erdulden müssen" - das sind knackige Herausforderungen. Im guten Fall stärkt's die Autonomie - auch die "Weitherzigkeit" kann ich sehr gut nachvollziehen. Im schlechtesten Fall bringt's schlicht um.

Den Halt kann ich an den Unebenheiten, Löchern und Kanten finden, die wegbrechende Beziehungen hinterlassen. Deshalb nämlich, weil ich das nun Fehlende aus mir selbst heraus ergänzen kann. Wenn's gelingt, ist es stabilisierendes Wachstum, das mein Gestaltungsvermögen und meine Erlebensmöglichkeiten bereichert. Wenn's nicht gelingt, wird mich "das Murmeltier grüßen" - immer wieder.

Doch muss auch gesehen werden, dass die bislang gelebte Freundschaft in Wahrheit schon mit dem dramatischen gesundheitlichen Ereignis eine unumkehrbare Veränderung erfuhr. Das liegt in der Natur des Ereignisses. Insofern ist der Verlust wenigstens ansatzweise rationalisierbar. Weh tut's trotzdem furchtbar.
Sternenstaub - 23. Jun, 21:49

also ich leide unter solchen Brüchen immer sehr .... schließlich hat frau mit den Menschen ja Zeit, Gefühl, Erfahrungen geteilt und getauscht und dann fehlt da ist dann dieses Loch ... ich hatte nach einem Bruch sehr lange immer wieder den ersten Gedanken, das muss ich XY erzählen, bis mir einfiel, dass ich ihr ja nix mehr erzählen kann, soll ....

hans1962 - 24. Jun, 00:08

Ja. *seufz*
Ganz heftig und deutlich ist dieses schmerzhafte, immer wieder spontane "Realisieren", wenn die Trennung durch Tod bedingt war.
steppenhund - 24. Jun, 03:10

Für mich ist Tod als Trennungsursache nicht so schlimm. Da kann ich noch immer Zwiegespräche halten, die dadurch legitim sind, dass der andere seinen Weg schon gegangen ist.
Doch wenn der andere lebt und das im Zwist mit einen, frage ich mich doch immer wieder, ob die Trennung notwendig war.
Bei einem einstmalig sehr guten Freund, den ich vor über dreißig Jahren kennen gelernt habe, gab es vor 10 Jahren einen ziemlichen Schnitt. Vor drei Jahren habe ich versucht, wieder einen Kontakt her zu stellen. Wir haben uns ein paar Mal getroffen. Beim letzten Mal kam es wieder zu Anwürfen von seiner Seite. Vielleicht ist die Trennung jetzt viel leichter zu ertragen, weil der Versuch wenigstens unternommen wurde.
virtualmono - 24. Jun, 07:01

Ich kann da ziemlich konsequent sein - wenn sich jemand ganz besonders lange und intensiv mir gegenüber wie ein A.... verhalten hat, dann nutzt auch hinterher kein Winseln mehr, wie toll die Freundschaft doch gewesen wäre und daß man sich doch so prima ausgetauscht hätte usw... (z.B. mein Ex-Vermieter, ich weiß nicht, ob ich Dir die Geschichte schon mal in ihrer ganzen Peinlichkeit erzählt habe...) - was zuviel ist, das ist eben zuviel.
OT: Telefonieren wir am WE mal?
steppenhund - 24. Jun, 11:27

Machen wir! Falls Du mich gemeint hast:)
virtualmono - 24. Jun, 11:32

Yep :-)
la-mamma - 24. Jun, 15:14

nach einem todesfall

ist es schon ein bisschen anders, da hat ja der zurückgebliebene nicht unbedingt dieses seltsame gefühl ungerechter behandlung, twomöglich doch mit zweifeln vermischt ...
das zwiesprache-halten mit einem/einer oten finde ich aber in jedem fall schön, das ist für mich eigentlich das wörtliche "andenken".
lube - 24. Jun, 10:23

Mache aus deinem Leben eine Erzählung oder eine Novelle und schicke sie M. - M. scheint ja nicht aus deinem Leben zu sein, vielleicht bedarf es manchmal einen ungewöhnlichen Schritt, ungewöhnliche Menschen wieder in sein Leben einzufangen.

la-mamma - 24. Jun, 15:18

noch eine novelle aus meinem leben?

die erste steht da rechts unter splitter, hört allerdings vorher auf;-)

nein, im ernst, ich denke darüber wirklich nach. sie ist zumindest nicht aus meinen gedanken, andererseits hemmen mich die zwei vergeblichen versuche der kontaktaufnahme, die ich vor fünf jahren (also eher sofort) und vor viereinhalb monaten gemacht habe. wobei letzteres nicht so richtig persönlich war, ich hab sie nur nicht aus dem verteiler der geburtsanzeigen gestrichen (und heimlich auf eine reaktion gehofft) ...

hier fehlt was;-)

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