Montag, 17. März 2014

Übers Verzeihen

Vergiss bitte, was Deine Mutter gesagt hat, sagte mein Vater unlängst zu mir. Das könne ich nicht, hab ich geantwortet, sie hat es doch schon tausendmal gesagt und sie meint es auch so, wie solle ich das also vergessen können? Aber, er solle sich nicht aufregen, ich könne ihr verzeihen und das tue ich auch, fuhr ich fort. Ich habe meinen Vater sehr gern und ihm tun die bösen Worte, die da an mich gerichtet wurden, wahrscheinlich noch mehr weh als mir.

Nicht drüber reden, war die einzige Lösung, die wir je zu Hause gelernt haben. Wenn meine Schwester oder ich dagegen der Mutter gegenüber verstießen, haben wir es noch jedes Mal bereut. Ich erzähle manchmal gern von der schwierigen Jugend meines Vaters. Obwohl ich damit in zehn Sätzen fertig bin. Mehr weiß ich nämlich nicht. Oder nicht sicher.

Daher entschuldigt sich meine Mutter auch niemals. Nach schlimmeren Ausritten werde ich dann ziemlich eindringlich zum Essen eingeladen. Dort ist dann jedes „normale“ Gespräch, da sie permanent irgendwas holen, wegräumen, herrichten, suchen, aufdrehen oder abdrehen muss, von Vornherein unmöglich. Sie kocht weder besonders gern noch besonders gut. Nachher ist sie nicht mehr böse auf mich. Weil ich ja hingekommen bin.

Sich selber verzeihen dagegen, scheint mir eine weit schwerere Übung. Je schuldiger ich mich gefühlt habe, desto weniger habe ich mir zum Beispiel die längste Zeit erlaubt, das auch nur in Erwägung zu ziehen. Das war auch nicht so recht gesund. Bei meiner Mutter sind aber ohnedies immer alle anderen Schuld. An allem. Das kann sie auch sehr wortreich erklären.
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testsiegerin - 17. Mär, 12:30

Vielleicht sollte man irgendwann akzeptieren, dass solche Gespräche, in denen man Dinge ins Reine bringt, nicht möglich sind. Weil die Wahrheiten so unterschiedlich sind. Vielleicht sollte man dann einfach das Essen genießen und gar nicht erst versuchen, über mehr als das Wetter oder die Bilder an den Wänden zu reden.
Und vielleicht sollte man endlich aufhören, sich schuldig zu fühlen. Hat uns eigentlich die Kirche oder Freud dieses scheußlichste aller Gefühle eingeredet?

la-mamma - 17. Mär, 13:14

ich will ja da eh nix mehr ins reine bringen, das ist mir völlig klar, dass das nicht geht. aber tausendmal dieselben grauslichen sachen hören, geht eigentlich auch nicht.

naja, das mit der schuld ist nicht nur freud oder kirche. das hat schon was mit dem, was man selber als richtig oder falsch empfindet, zu tun. und da gibt´s ja sowas wie werte und vorstellungen, die man durchaus "irgendwoher" hat ...
rosmarin - 17. Mär, 13:08

ich hatte neulich einen solchen "auszucker" (würde datja sagen), dass ich eine komplette familienfeier runiert habe, die tante weinend von dannen zog und die mutter komplett verstummte und sich nächtens bei mir entschuldigte. seitdem versucht sie (das erste mal in 49 jahren) mich ausreden zu lassen und hört zu (ich dachte, sie könne das gar nicht).
ich entschuldige mich nicht für die tirade, die ich in einem komplett verzweifelten wutanfall los lies, auch wenn ich mich ein klein wenig schäme. aber anders ging es offenbar nicht.
wutanfälle sind bei uns eher verpönt. aber er war hilfreich :-)
und ich hänge an deinem letzten satz. tatsächlich verzeiht man anderen oft leichter als sich selbst.
nachdenklichen gruß, ro

la-mamma - 17. Mär, 13:13

ich find das ja manchmal auch durchaus befreiend, die dinge, die wir anderen so predigen, einmal NICHT zu leben. also zucken sie ruhig ab und zu aus, auch das ist ja wohl sehr normal!;-)
Jossele - 17. Mär, 16:13

Das ist ja so eine Sache mit den Müttern und Altvorderen überhaupt.
Einerseits, man hat ja eine Herkunft, andererseits, selber ist der Mensch ja auch, da kann er nichts dafür und muss auch nicht ewiglich Dankbarkeit heraushängen lassen.
Mit ein bisserl Glück findet man Sinn, und der ist halt oft nicht deckungsgleich mit Vater oder Mutter, ja ist halt so.
Jene müssen selbigen selber finden, und wenn der mit unserem nicht kompatibel ist, dann gibt´s halt Worte und Schweigen, sind wir doch auch längst nicht mehr die kniebestrumpften Rinnenasen die anderer Menschen Lebensinhalt sein sollen, oder auch nicht, weil´s halt passiert ist.

Ich hab mit meiner Mutter (Vater ist schon lange tot, aber da war´s auch nicht anders) gebrochen. Worte haben sich nur verheddert, sonst war nichts mehr. Schade, weil irgendwann ist es vorbei und wenig gelöst.

Ich find´s schad, weil mit "Spielchen" die Zeit vergeuden, das müsste nicht sein, allerdings gehören mindestens zwei dazu, diesen Kreislauf zu durchbrechen.

la-mamma - 17. Mär, 17:16

die befürchtung, dass alles noch sehr viel schwieriger werden wird, wenn mein vater, der 10 jahre älter ist, einmal nicht mehr da ist, teilen meine schwester und ich. ganz sicher zu recht ...
Jossele - 18. Mär, 14:13

Das ist zu befürchten.
Der Umgang mit halt schon ein bisserl älteren Menschen ist ja nicht so schwierig, aber wenn´s die eigenen Eltern sind..., da kommt dann noch der Untergriff mit den wohlweislich geschürten Schuldgefühlen mit ins Spiel.
tinius - 18. Mär, 11:16

Das ist ein sehr, sehr schwieriges Thema - auch für mich. Mit meinem Vater gab es nach langer Zeit eine - einseitige Aussöhnung. Ich konnte im Seniorenheim lernen, meinen Vater als eigenständige, von der Elternfunktion losgelöste Person anzuerkennen lernen. Mit meiner Mutter, die schon lange tot ist - und deren Tod ich als eine zusätzliche Aggression empfinden mußte - war das postmortem nicht wirklich möglich. Auch implantierte Schuldgefühle ließen sich allenfalls rational, kaum emotional verarbeiten.

la-mamma - 18. Mär, 21:55

da treffen sie wahrscheinlich den nächsten schwierigen punkt. meine mutter ist nicht wirklich dement, spricht und handelt aber in meinen augen aber oft äußerst irrational. die umkehr (ich weiß schon vieles besser als sie ...) - also die negation ihres eltern-ichs von meiner seite aus hat daher schon lange stattgefunden. aber so recht angekommen ist das bei ihr noch nicht ...
katiza - 18. Mär, 16:33

Oh ja, das tut alles sehr weh, aber wir sind anders!

la-mamma - 18. Mär, 22:06

wenn der x nicht gerade neben mir schnarchen würd, tatat ich ja dem link folgen. aber so trau ich mich nicht. "wir sind anders" unterschreib ich allerdings gleich. und hoffentlich werd ich nie so ...

hier fehlt was;-)

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