schwere kost
"... nicht gewalttätig oder sadistisch wird, weil er den Häftling nicht für ein menschliches Wesen hält; ganz im Gegenteil, seine Wut wächst und wandelt sich in Sadismus, sobald er merkt, dass der Häftling, weit davon entfernt, ein Untermensch zu sein, wie man ihn gelehrt hat, im Grunde genauso ein Mensch ist wie er selbst, und diese Widersetzlichkeit ist es, verstehen Sie, die der Wachsoldat unerträglich findet, dieses stumme Beharren des anderen, deshalb prügelt ihn der Wachsoldat, weil er versucht, ihm die gemeinsame Menschlichkeit auszutreiben. Wohlgemerkt, das klappt nicht: Je mehr der Wächter prügelt, desto klarer erkennt er, dass der Häftling nicht bereit ist, sich als Nichtmensch zu sehen. Am Ende bleibt ihm keine andere Möglichkeit, als ihn zu töten, was ein Eingeständnis seiner endgültigen Niederlage ist."
zitiert aus den wohlgesinnten (j. littell). wie erschlagen sei er von dem buch gewesen, wird jorge semprun am klappentext zitiert. es geht nicht nur ihm so.
nach immerhin fast 900 seiten voll von grausigen details, distanzierten beobachtungen und leicht kruder familiengeschichte dazwischen kann ich aber nicht einmal mehr sagen, warum ich mir die lektüre überhaupt noch weiter antue. vielleicht weil es mir in unterschiedlichen lebensaltern immer wieder nötig erscheint, mich mit dem unfassbaren auseinanderzusetzen. berührt haben mich andere werke früher weit mehr. verstören tut allerdings dieses gerade bzw. gerade dieses.
zitiert aus den wohlgesinnten (j. littell). wie erschlagen sei er von dem buch gewesen, wird jorge semprun am klappentext zitiert. es geht nicht nur ihm so.
nach immerhin fast 900 seiten voll von grausigen details, distanzierten beobachtungen und leicht kruder familiengeschichte dazwischen kann ich aber nicht einmal mehr sagen, warum ich mir die lektüre überhaupt noch weiter antue. vielleicht weil es mir in unterschiedlichen lebensaltern immer wieder nötig erscheint, mich mit dem unfassbaren auseinanderzusetzen. berührt haben mich andere werke früher weit mehr. verstören tut allerdings dieses gerade bzw. gerade dieses.
la-mamma - 1. Feb, 13:15
10 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
1077 mal angeklickt. oder gar gelesen?
steppenhund - 1. Feb, 13:25
Ich werde das Buch sicher nicht lesen. Nach deiner Beschreibung ist die Bereitschaft noch weniger als sie bereits nach der Lektüre von dieser Kritik war:
http://begleitschreiben.twoday.net/stories/4851393/
Da ich den Autor persönlich kenne, schätze ich auch seine Kritiken sehr.
http://begleitschreiben.twoday.net/stories/4851393/
Da ich den Autor persönlich kenne, schätze ich auch seine Kritiken sehr.
la-mamma - 1. Feb, 19:26
hab nur hineingeschnuppert -
ich les es einmal fertig, und heb mir die kritik auch für nachher auf.
weiterempfehlen würde ich das buch auch nicht unbedingt, so war der beitrag auch gar nicht gemeint.
weiterempfehlen würde ich das buch auch nicht unbedingt, so war der beitrag auch gar nicht gemeint.
Gregor Keuschnig - 1. Feb, 17:27
Semprún hat gewaltig für dieses Buch getrommelt (vor allem in Frankreich). Was ihn dazu bewogen hat, weiss ich nicht. Ästhetische und/oder literarische Gründe können es nicht sein. Ich glaube, dass die Integrität Semprúns dieses Buch davor bewahrt hat, als Devotionalienkitsch behandelt zu werden.
Das Buch hat mich weder berührt noch verstört, sondern meistens nur geärgert. Es gab aber auch interessante und dichte Stellen (etwa die Szenen von Aue auf der Krim mit diesem Sprachforscher und diese feine. unterschwellige homophile Erotik - im Gegensatz zu den ansonsten oft drastischen Schilderungen).
Dennoch habe ich es bis zum Schluss gelesen (es gibt noch eine kleine Pointe).
Beim "Umblätterer" gab es eine kleine, aber feine "Serie", die Teilaspekte des Buches genauer würdigte.
Das Buch hat mich weder berührt noch verstört, sondern meistens nur geärgert. Es gab aber auch interessante und dichte Stellen (etwa die Szenen von Aue auf der Krim mit diesem Sprachforscher und diese feine. unterschwellige homophile Erotik - im Gegensatz zu den ansonsten oft drastischen Schilderungen).
Dennoch habe ich es bis zum Schluss gelesen (es gibt noch eine kleine Pointe).
Beim "Umblätterer" gab es eine kleine, aber feine "Serie", die Teilaspekte des Buches genauer würdigte.
la-mamma - 1. Feb, 19:21
ich heb mir den link noch auf, ok?
ja, ärgern tut es mich auch - oder irgendwas zwischen im wahrsten sinn des wortes auf die nerven gehen und vielleicht doch wieder verstören.
diefrogg - 3. Feb, 18:32
Du meine Güte, ja, das...
Buch habe ich mir auch angetan. Grauenhaft. Es hat meinen Verdacht bestätigt, dass man im Grunde von Tätern selten erfährt, warum sie etwas getan haben.
la-mamma - 3. Feb, 21:13
das stimmt -
und das macht das buch auch irgendwie so "ungreifbar". oder die figur des hauptdarstellers so "konturenlos".
walküre - 3. Feb, 19:14
Ich vertrete noch immer die Ansicht, dass Fromms "Anatomie der menschlichen Destruktivität" alle Bücher in der Art von Littells Roman überflüssig macht, wenn es darum geht, Mechanismen des (un)menschlichen Handelns zu verstehen.
la-mamma - 3. Feb, 21:18
so pauschal
würde ich aller belletristik nicht absprechen, dass sie durchaus auch verständnis für jede art von handeln schaffen kann. und es - jetzt nicht gerade auf dieses buch bezogen - auch bisweilen leichter fasslich und unterhaltsamer tut.
walküre - 3. Feb, 21:54
Aber genau wegen der Tiefgründigkeit ist Fromms Buch über jede - in diesem Bereich meines Erachtens verwerfliche - Effekthascherei erhaben. Ich würde gerne wissen, welche Motive Littell für sein Buch hatte.
the white lake knight - 4. Feb, 09:43
Mein Vater war Täter...
... und hat mit seiner Ju 88 u.a. Warschau zerbombt und wollte auch am 8.Mai 45 nicht vom Krieg ablassen. Ich habe über einiges mit ihm darüber reden können, was auch viele jahre danach nicht einfach war und er hat mir auch viele Zeitdokumente hinterlassen.
Besonders beklemmend ist für mich immer wieder die Herrenmenschensicht der damaligen deutschen Zeitzeugen auf ihr Verhältnis zu Polen und Juden gewesen, auch noch Jahrzehnte nach Kriegsende.
Wir haben es heute einfach, lehnen uns im Sessel zurück und urteilen und verurteilen.
Wir vergessen, dass wir heute eine weitaus bessere Bildung haben und einen Informationsgrad, an den früher nicht zu denken war.
Wir vergessen, welche Armut damls gerade unter der Bevölkerung Deutschlands herrschte. Mein Vater hat sich aus ärmlichsten Verhältnissen "hochgebombt". Und wenn ich sage ärmlich, dann meine ich nicht den ach so "ärmlichen" Hartz IV-Standard.
Es sprengt den Rahmen eines Kommentares, was dazu noch zu sagen wäre. Ich habe Littell nicht gelesen und werde es auch nicht tun. Doch wenn wir das nicht mit Niveau aushalten und diskutieren können, wenn wir es nicht gestatten wollen, derartige Werke zu schreiben und auch zu lesen, dann steht unser nächstes totalitäres Regime schon um die Ecke.
Besonders beklemmend ist für mich immer wieder die Herrenmenschensicht der damaligen deutschen Zeitzeugen auf ihr Verhältnis zu Polen und Juden gewesen, auch noch Jahrzehnte nach Kriegsende.
Wir haben es heute einfach, lehnen uns im Sessel zurück und urteilen und verurteilen.
Wir vergessen, dass wir heute eine weitaus bessere Bildung haben und einen Informationsgrad, an den früher nicht zu denken war.
Wir vergessen, welche Armut damls gerade unter der Bevölkerung Deutschlands herrschte. Mein Vater hat sich aus ärmlichsten Verhältnissen "hochgebombt". Und wenn ich sage ärmlich, dann meine ich nicht den ach so "ärmlichen" Hartz IV-Standard.
Es sprengt den Rahmen eines Kommentares, was dazu noch zu sagen wäre. Ich habe Littell nicht gelesen und werde es auch nicht tun. Doch wenn wir das nicht mit Niveau aushalten und diskutieren können, wenn wir es nicht gestatten wollen, derartige Werke zu schreiben und auch zu lesen, dann steht unser nächstes totalitäres Regime schon um die Ecke.
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