Lieber Xaver (13)
jetzt bist du also mit heute ein Teenager, ich kann es noch gar nicht glauben. Ich weiß noch, wie du vor mindestens drei Jahren zu einem Freund gesagt hast, du freuest dich schon auf die Pubertät. Warum das denn, wollte der andere wissen. Weil man da nie rot wird, wenn einem was peinlich ist, hast du ihm geantwortet. Wieso du das gedacht hast weiß ich nicht, aber du kannst es ja ab sofort überprüfen.
Noch schaust du nicht wie ein pubertierender Teenager aus, auch wenn sich diese Entwicklung natürlich schon ankündigt. Die schöne Haut, wie du sie jetzt noch hast, wird wohl nicht so bleiben können, bis jetzt warst du von Pickeln ja praktisch noch völlig verschont. Und nicht nur zur Verschönerung trägst du seit Dezember auch eine Zahnspange – irgendwann wirst du uns dankbar sein, auch wenn es im Moment mehr lästig ist.
Im letzten Jahr hast du das Trampolinspringen für dich entdeckt – du bist nicht mehr nur ein bisschen auf unserem herumgehopst, sondern hast wirklich spannende Sprünge (oder wie man die Wand hinaufläuft oder wie man auf den Rücken prallt) im FlipLab gelernt. Witzig fand ich dazu auch deine eigenen Filme, bei der die Kamera dich logischerweise immer von irgendwo unten aufgenommen hat.
Ein bisschen haben dich (wie ja eigentlich immer) deine Lehrer:innen geärgert, wobei es bei dir wirklich eher die :innen sind – die du dann in deinem Zorn alle als feministisch beschimpfst. Ich hab schon versucht dir zu erklären, dass Feminismus a) gar kein Schimpfwort ist und b) auf den Sachverhalt nicht wirklich passt. Nie vergessen werde ich aber, dass du in Englisch bei frei wählbarem Thema einen Aufsatz über „Diarrhea Town“ geschrieben hast und dafür einerseits die volle Punkteanzahl und andererseits einen Eintrag ins Mitteilungsheft kassiert hast.
Natürlich bist du auch im letzten Jahr ein bisschen zu viel am Computer gehängt, allerdings hat es auch deinen Schachfähigkeiten genutzt. Wobei ich nicht glaube, dass alle Spiele, die du so spielst, genauso wertvoll sind. Aber ein paar Mal hab ich auch mit viel Spaß bei den diversen Wettrennen gegen dich verloren, das ist einfach nicht meins – der G. konnte da schon besser mithalten.
Beim Schifahren seh ich dich nicht mehr selber (da ist es mir zu Leid um mein so gut operiertes Knie) – aber auf den mir von deinem Papa gesandten Filmen machst du eine sehr gute Figur. Im Gegensatz zu mir auch im Tiefschnee😉
Sechs Monate im Jahr 2022 haben wir uns die Wohnung mit Nathaliia und Yuriy aus Donezk geteilt – eine prägende Erfahrung für uns beide. Ich weiß, dass du es dir wohl etwas anders vorgestellt hast und es ist ganz toll von dir gewesen, auf wieviel du da verzichtet hast. Ganz am Anfang haben wir beide ja auch noch viel mehr über den Krieg gesprochen – eine Sache, die nicht nur uns zwei immer noch recht ratlos lässt.
Jedenfalls sehe ich immer mehr, wie empathisch du sein kannst, und wie du auch einen ähnlich treffenden Humor wie dein großer Bruder entwickelst. Alles Gute nochmal heute – und ich bin schon sehr neugierig, ob deine Haare zum nächsten Geburtstag noch länger werden!
la-mamma - 1. Feb, 12:13
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