Im Haus meines Bruders herrschte beste Ordnung, die Putzfrau muss da gewesen sein, ich war mir sicher, dass auch das riesige Wasserbett frisch überzogen worden war.
Auf Anhieb fand ich eine Flasche Rotwein, der richtig teuer aussah. Je ungezwungener ich mich benahm, desto besser, dachte ich und hoffte, dass Iris nicht bemerkt hatte, wie ich den Korkenzieher erst aus der dritten von mir geöffneten Küchenlade holte.
Alles Gute zum 42er prostete ich mir heimlich zu, und sagte laut Was für ein Geschenk! zu Iris. Und dass ich genau da weiter machen wolle, wo wir am Flughafen aufgehört hatten. Ein Geschenk, flüsterte Iris, dann eben ein Geschenk und streifte alles ab, was sie anhatte.
Selbstverständlich habe ich in den letzten zwanzig Jahren nicht wie ein Mönch gelebt. Die Frauen schätzen den Wert des Anzugs und der Krawatte, dachte ich, wenn mich wieder einmal eine in einer Hotelbar ansprach. Ein bisschen zu sehr aufgetakelt, die meisten aber auch wirklich hübsch, viele sehr gebildet, auch die, die von sich behaupteten, "nur Hausfrau" zu sein. Ein fairer Handel sagten sie, von dem Geld könnten sie sich eine Menge Extras leisten, oder auch nur dringend notwendiges Gewand für die Kinder. Verachten Sie mich nicht, es ist anders, wenn sie glauben, jemandem wirklich zu helfen. Oder auch nur wochenlang aus dem Koffer leben. Die Prostituierten bei uns kenne ich nicht.
Aber was hätte ich sonst von Iris denken sollen? Und was sollte ich jetzt diesem italienischen Polizisten erzählen? Dass mir eine Frau abhanden gekommen war, von der ich leider genau gar nichts außer ihrem Vornamen wüsste. Oder wo sie einen Leberfleck am rechten Oberschenkel ziemlich weit oben hatte?
Den Autodiebstahl habe ich selbstverständlich angezeigt, mehr zu sagen schien mir nicht nötig. Eigentlich traue ich Iris nicht zu, ein Autor kurz zu schließen, und die Autoschlüssel lagen auf dem Tisch, als sie davon stürmte.
Ich war so entspannt nach "unserer Nacht", wie ich sie mittlerweile nenne, sie war so etwas Besonderes. Sie brachte mich gefühlte hundert Mal zum Lachen und gezählte fünf Mal zum Orgasmus.
Ein starker Kaffee und wir fahren weiter? Ja, heute will ich das auch. Und schon schmiss ich wahllos frisches Gewand meines Bruders in meinen Koffer.
Ich Idiot hätte sie einfach nicht fragen dürfen, was ihr meine Freunde bezahlt hatten.
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Österreich ist ein sehr schönes Land. Und mir hat heute einer meine Börse gestohlen. Dummerweise ist da auch mein Schlüssel drin.
Ich lebe seit fünf Jahren hier, von Xao Dia Deng habe ich meinen Job im Krankenhaus geerbt. Für die schauen wir sowieso alle gleich aus, außerdem arbeiten im AKH 20.000 Leute. Die Sozialversicherungskarte hat mich nur 1.500 Euro gekostet, Xao war schon der dritte Koala, der sie verwendete, ich bin der vierte. So nennen sie mich zumindest im Krankenhaus, sie finden das lustig, immer noch besser als Lumpi, sagen sie.
Ich heiße Peter, sage ich, das ist der europäische Name, den ich mir ausgesucht habe, der passt zu "blanker, harter Kiesel", wie mich meine Eltern genannt haben. Ich spreche Peter Englisch aus, das ist meine beste Sprache. Geboren bin ich in Malaysia, nur sind meine Eltern leider Chinesen. Wir sind dort eine Minderheit. Eine ziemlich diskriminierte Minderheit, wir werden sehr systematisch benachteiligt.
Die reichen Chinesen lassen ihre Kinder in Australien studieren, meine Eltern sind aber arm. Ihnen schicke ich jedes Monat alles, was mir übrig bleibt. In meiner Geldbörse waren fast zweihundertfünfzig Euro, ich war stolz, dass ich gegen Monatsende noch so viel hatte.
Meine Sozialversicherungskarte wird so schnell keiner sehen wollen, die Nummer steht auf meinem Kalender in der Wohnung, in die ich gerade nicht hinein kann. Irgendwie werde ich das telefonisch regeln müssen. Denn sonst verwendet sie der Nächste.
Im Krankenhaus trage ich hauptsächlich das Essen aus, manchen Patienten helfe ich auch beim Einnehmen. Das dürfte ich eigentlich gar nicht, aber wenn einer oder eine sich nicht aufrichten oder nicht einmal einen Löffel halten kann, was soll man da machen?
Ins Haus bin ich gekommen, als es jemand verließ. Selbst wenn ich die Nummer vom Schlüsseldienst herausgefunden habe, werde ich ihn nicht bezahlen können. Mitten in der Nacht mag ich jetzt sowieso nichts unternehmen.
Am liebsten bin ich bei den frischen Kaiserschnitten, aber ich helfe auch den ganz Alten. Manchmal bekomme ich ein Trinkgeld, ich kann das gut brauchen, Wien ist sehr teuer.
Bei den Studenten habe ich mich sogar getraut, anzuläuten. Sie scheinen aber fort zu sein.
Ich lege mich vor die Tür, morgen ist Samstag, irgendwann wird die andere Nachbarin heraus kommen. Eine Frau allein ist sicher vorsichtig, die würde jetzt garantiert nicht aufmachen.
Ich habe sie noch nicht oft gesehen, sie hat ganz andere Arbeitszeiten wie ich, außerdem schien sie mir bei unseren wenigen Begegnungen immer ein wenig in Eile.
Xao hat es gut getroffen, ihn hat eine Diplomatenfamilie als Butler nach Qatar mitgenommen. Ich will eigentlich zurück nach Malaysia, aber sicher nicht nach Kuala Lumpur, das ist mir viel zu groß und ich kenne es kaum. Unser Dorf ist fast dreihundert Kilometer entfernt. Rou Xoung hat mir versprochen auf mich zu warten. Aber das ist neun Jahre her.
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Die Frau saß an unserem Tisch und hatte zwei voll beladene Teller vom Frühstücksbuffet vor sich stehen. Bernd und ich setzten uns zu ihr, sie begrüßte uns freundlich.
Ihre Geschichte war ein bisschen verworren, aber rein äußerlich gefiel sie uns beiden sofort. Ob wir so nett wären, sie nicht zu verraten, sie hätte eigentlich nur dringend auf die Toilette gemusst und dem Duft des frisch gebratenen Specks danach nicht widerstehen können. Sie hätte einfach three-hundred-one gesagt, da hätte sie der Kellner an den Tisch da geführt.
Es ist eine sehr nette Suite, die wir da bewohnen, sagte Bernd und ich nickte dazu. Mit viel zu viel Platz für nur zwei, ergänzte ich freundlich.
Eine Brünette, dachte ich, sehr lange Beine, sehr gepflegt. Ein bisschen Gesellschaft wäre nicht das Schlechteste.
Sie könne mit ihrem Handy nicht telefonieren, alle Nummern fehlten. Und ihre Bankomatkarte funktioniere auch nicht, das liege wohl an diesen italienischen Automaten. Ihr Gepäck sei ihr abhanden gekommen, aber da sei sie wohl selber schuld. Sie wolle einfach noch nicht heim, ob wir verstünden?
Geld spielt keine Rolle, sagte Bernd, und meinte es auch so. Sie hätte eigentlich noch nichts von Venedig gesehen, und ohne Badesachen könne sie ja nicht einmal ans Meer.
Sie zögerte kurz, aber dann nahm sie unser Angebot an, sich die Suite einmal anzusehen. Wir verbummelten den Vormittag in der Stadt, tranken einen absurd teuren Kaffee am Markusplatz und kauften ihr einen Bikini und ein Handtuch.
Später rannte sie extrem schnell ins Wassser, die Adriaküste ist ja da äußerst flach, mir gefiel ihr Ungestüm.
Vielleicht hätten wir es nicht gleich in der ersten Nacht versuchen sollen. Sonst treffen wir nur Frauen aus dem Internet, die unseren Ansprüchen genügen, aber die wissen vorher ganz genau, was wir uns vorstellen.
Selbstverständlich ließen wir sie nach ihrer deutlichen Ablehnung in Ruhe, das schien auch ihr klar zu sein, sonst hätte sie sich in unserer Suite wohl kaum noch ausgeschlafen. Ich nehme an, sie frühstückt heute woanders.
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Schön langsam mache ich mir Sorgen. Sie müsste längst zurück sein. Zumindest wenn sie die letzte Schnellbahn genommen hat. Wie geduldig ist diese Frau?
Ich fühle mich noch nicht ganz zu Hause hier. Obwohl ich mittlerweile weiß, wo der Staubsauger und das Bügelbrett stehen.
Das Schwierigste kommt ja erst, wenn die k.o.-Tropfen wirken werden. Angeblich geht das sehr rasch. Auf manche Formulierungen ihres Abschiedsbriefs bin ich richtig stolz, ja er rührt mich zu Tränen, obwohl ich ihn selbst verfasst habe.
Ich werde sehr verständnisvoll sein, wenn der erste Schreck vorüber ist. Zunächst muss sie sich von mir trösten lassen, weil ein gewisser Georg sie versetzt hat. Deshalb sei ich ja da, werde ich behaupten, ich war mir einfach sicher, nicht sein letztes Opfer gewesen zu sein.
Sie müsse sich jetzt vorsehen, alles ändern lassen, er habe sie wahrscheinlich schon in jeder Hinsicht ausspioniert. Es sei unglaublich, wie viel man allein aus dem Müll herauslesen könne.
Wieso kommt sie nicht? Ich sitze in ihrer Küche, bis es dämmert. Das tut es Ende Mai ja sehr früh. Irgendetwas ist schief gelaufen, ich bin mir nicht sicher, ob ich weiter warten soll.
Es muss meine Nervosität sein, ich bilde mir sicher nur ein, etwas vor der Tür gehört zu haben. Sie würde ja wohl einfach aufsperren und herein kommen.
Ich spähe durch den Spion und sehe nichts. Ganz langsam und leise öffne ich die Eingangstür. Und dann erschrecke ICH.
la-mamma - 31. Jul, 08:00
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Ich habe Iris verloren. Oder sagen wir, die Frau, die sich Iris nannte. Das wäre alles nicht passiert, wenn ich am Freitag nicht Geburtstag gehabt hätte.
Ich war ein wenig müde, als ich die Ankunftshalle in Schwechat betrat. Vielleicht hätte ich sie nicht so breit anlächeln sollen, aber was hätten Sie getan, bei einer äußerst attraktiven Frau mit einer langstieligen roten Rose in der Hand und einem ein wenig zerknitterten großen Zettel auf dem "Georg" steht. Vorausgesetzt Sie heißen so.
Sie lächelte zurück und fiel mir um den Hals. Sie roch sehr angenehm. Ich hätte sie auch nicht gleich küssen müssen. Zumindest keine viereinhalb Minuten lang.
Ich bin ein langweiliger Mensch. Ich habe genau zwei Freunde, die ich beruflich bedingt nicht gerade häufig sehe. Ich arbeite seit zwanzig Jahren im sogenannten ehemaligen Ostblock als Programmierer. Irgendwann habe ich ein sehr nützliches Tool für Banken entwickelt, das verkauft sich sogar jetzt noch gut.
Ich dachte, meine beiden Freunde hätten sich das einfallen lassen. Sie hatte einen Pilotenkoffer dabei, sie begleitete mich hinaus zu meinem Auto. Und nahm am Beifahrersitz Platz.
Wohin fahren wir? fragte sie, da waren wir schon auf der Südautobahn. Nach Graz, da wohne ich. Nur nach Graz? Fürs erste.
Meine Wohnung ist der ärgste Saustall, dachte ich, da können wir unmöglich hin. Meine zwei wunderbaren Freunde würden vor der Tür stehen und mitfeiern wollen. Ich möchte lieber mit ihr allein bleiben. Dachte ich.
Sie fände das lustig, dass ich mich für meinen Beruf geniere, sagte sie. Ich konzentrierte mich auf ein Überholmanöver und antwortete, ich lebe sehr gut davon. Das könne sie sich vorstellen, Schönheit habe eben ihren Preis. Aber ich müsse keine Angst haben, sie denke an keine Veränderung in dieser Hinsicht. Sie sei schon richtig, murmelte ich, also richtig hübsch, wenn ihr dieses Kompliment nicht zu platt wäre.
Ziemlich genau da fing ich an zu lügen. Ich weiß auch nicht, warum. Ich sei erst vor Kurzem von meiner Frau verlassen worden, behauptete ich, sie hätte noch nicht einmal alle ihre Sachen abgeholt. Die Kinder wären gerade bei der Oma, und sie verwirkliche sich jetzt selbst in Indien. Iris solle sich also nicht wundern, wie chaotisch mein Haus im Moment sei.
Im Stillen entschuldigte ich mich bei meiner Schwägerin. Zu meinem Bruder habe ich ein recht distanziertes Verhältnis, zu ihr ein viel herzlicheres. Außer dass sie mich dauernd verkuppeln will. Nur hält das keine Frau aus, dass ich nie da bin. Auch sie hätte mir Iris schicken können, dachte ich, ihr würde so eine Aktion auch einfallen können. Aber die ganze "happy family" war noch eine Woche im Urlaub auf den Seychellen. Und ich würde diesmal keinesfalls aufs Blumengießen in ihrem repräsentativen Haus vergessen.
la-mamma - 30. Jul, 12:23
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Diesmal habe ich ein gutes Gefühl. Kein Mann, keine Kinder, alles überschaubar. Ich habe sie am späten Nachmittag entdeckt, ihr Büro liegt ein wenig unter Straßenniveau, niemand zieht dort die Vorhänge zu.
Die ersten Nächte sind am anstrengendsten. Meine taube Mutter denkt, mein Freund sei in der Stadt, wenn ich nicht heim komme.
Bei ihr war ich mir schon nach wenigen Tagen sicher, sie verlässt ihre Wohnung immer um viertel acht. Am Weg zur U-Bahnstation öffnet sie ihre Handtasche noch einmal und kontrolliert, ob sie ihr Handy dabei hat.
Ihre letzten ausgehenden Anrufe waren vier Mal Marianne, drei Mal Susi G und zwei Mal Petra. Keine Eltern. Die SMS und die ausgehenden Gespräche gingen sich beim ersten "Ausborgen" nicht mehr aus, schließlich musste ich das Handy ja noch rechtzeitig zurück legen.
Sie steigt ein Mal um, manchmal kauft sie sich dabei ein gefülltes Weckerl. Wenn sie zu Mittag Essen geht, kauft sie nichts.
Was sie an ihrem Schreibtisch macht, ist mir egal, ich werde schriftlich kündigen.
Ihre Freundinnen trifft sie im Kaffeehaus. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich sie weg locken werde. Ein paar e-mails habe ich schon entworfen, selbstverständlich ohne Rechtschreibfehler und in einem sehr gepflegten Deutsch. Sie wird sich auf einen Kurzurlaub einlassen.
Während ihrer Arbeitszeit sitze ich gerne auf der kleinen Bank schräg gegenüber, wenn das Wetter es erlaubt. Ich lese viel, nach jeder halben Seite werfe ich einen Blick auf den Firmeneingang. Gegen 16 Uhr etwas öfter.
Ich habe bereits sechs Kleider, die fast so aussehen wie ihre. Demnächst gehe ich zum Frisör, meine Haare sind zum Glück heller, Bleichmittel mag ich nicht.
Ihre Schlüssel habe ich schon, die Wohnung ist klein und ordentlich. Ein bisschen zu viel Nippes, aber der ist schnell entsorgt. Es gibt keinen Hausmeister, es kommt nur jeden Montag eine Reinigungsfirma. Ihren rechten Nachbarn halte ich für einen Vietnamesen, gegenüber wohnen Studenten. Es ist ein großes Haus. Anfangs werde ich die Stiegen steigen, statt den Lift zu benützen, und ich werde wenig ausgehen.
Finden Sie nicht auch, das man gegen Ende dreißig seine eigenen vier Wände haben sollte?
la-mamma - 29. Jul, 21:08
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sollte man bei bewerbungsgesprächen. vor allem nicht, wenn's umgehend auffliegt. (falls sie das bisher noch nicht gewusst haben.)
und mir spukt seit tagen das milva-lied "hinterher weiß man mehr" durch den kopf.
sollten sie zwischen den oberen beiden sätzen einen zusammenhang vermuten, ist er garantiert falsch. auflösung folgt vielleicht.
la-mamma - 28. Jul, 20:11
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gibt's anderswo nach üppigem wochenendessen, während bei uns oft gerade am montag am besten gekocht wird, wenn da endlich die geschäfte wieder offen haben.
vermischte reste bleiben mir auch hier nurmehr zu berichten, die neuesten erlebnisse von und mit dem x. werden ja jetzt großteils andernorts abgehandelt.
die wochenendrestmutter verirrte sich allerdings allein mit dem kind sonntags ins muqua, und stellte etwa fest, dass bei miserablem wetter auch der gratis zu benützende eingangsbereich des zoom-kindermuseums für zwei stunden nette unterhaltung bei knapp eineinhalbjährigen sorgen kann.
gut unterhalten hab ich mich heute jedenfalls auch am telefon mit dem a.:
"bist du gar nicht beim tierarzt?"
"sicher bin ich da, ich mach grad mittagspause!"
"hihi, ich auch!" (ok, es war grad dreiviertel eins)
"ja, aber du hast sicher nicht noch vor fünf minuten eine katze operiert!"
ich gab umgehend zu, überhaupt noch nie in meinem leben eine katze operiert zu haben. und wünsche ihm gutes gelingen für den rest seiner praxiszeit.
vermischte weintraubenreste sorgen wiederum für ungewöhnlich hohe preise am naschmarkt, das nennt sich dann gemischter satz und kostet als achtel 3,50.
aber das kann ich mir selbstverständlich locker leisten:
an diesem banner sollte vielleicht noch gearbeitet werden ...
la-mamma - 26. Jul, 21:19
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