Das Kleid spannt um die Hüften, obwohl ihr Hintern eigentlich ziemlich flach ist. Die Schuhe sind originell im Schnitt, wenigstens schwarz, der Leopardenlook oben genügt ja an Vulgarität. Und sie bewegt sich so schlecht! Aber - wer will ihr das verübeln - sie ist im Urlaub, da gelten andere Regeln - sie gefällt sich, von der Weite zumindest noch - sie tanzt sich in Trance - aber wie!
Im Gesicht ein Grinsen, wenn sie sich dreht, spreizt sie die Arme, mein Gott, ist die Frau hässlich, wenn man genauer hinschaut. Die Schultern lässt sie nach vorne hängen, jahrelange Fehlhaltung, die sich rächt und die sie noch unschöner macht. Die Haare sind blondiert mit ziemlichem Nachwuchs und auch noch schlecht geschnitten. Ist sie alleine hier?
Keiner wird sich erbarmen, bevor er nicht ein paar Stunden an der Bar verbracht hat. Das weiß sie, jetzt tanzt sie nur für sich. War doch keine so gute Idee, hierher zu kommen. "Kinderfreundlich" - irgendwas wollte sie ihrem Fünfzehnjährigen bieten, der doch längst kein Kind mehr ist.
Und die Männer, die hier herumlaufen, die sind hier Väter, und hier sind sie es - ganz anders als zu Hause - bestenfalls beim Sport nicht. Die Animationscrew ist vorwiegend weiblich, das ist für sie auch nicht gerade ein Vorteil. Obwohl - sie ist sich nicht sicher, ob sie ihrer einen Freundin überhaupt noch glauben soll, dass sich da allerhand abspielen könnte. Ja die, die war natürlich woanders - und wenn sie ehrlich ist - die sieht auch so aus, dass vielleicht einer das professionelle Distanzhalten beim permanenten Fröhlichsein leichter vergessen mag.
Sie tanzt noch immer, weil sie nicht alleine sitzen will. Sie kann natürlich immer allein an der Bar stehen, aber sie wird immer trauriger, wenn sie solange selbst für ihre Getränke bezahlt.
Plötzlich hasst sie das Kleid - jeder wird denken, sie ist eine Tussi, wenn sie sich so herrichtet. Sie will auf einmal doch nicht mehr so auffallen, aber jetzt ist es zu spät, sich umzuziehen, alle haben sie gesehen.
Was strahlt sie aus? Nichts? Dass sie ein Nichts ist? Dass sie nichts zu sagen hat? Ihr ist auf einmal schwindlig. Ihr ist der Enthusiasmus abhanden gekommen, sie mag ihrem Sohn nicht mehr jede Flegelei verzeihen, sie mag nicht mehr auf ihn stolz sein, sie mag nicht mehr stundenlang herumhopsen, sie mag nicht einmal mehr braun werden.
Da geht sie an der Rezeption vorbei und grüßt noch freundlich. Da verlässt sie die abgegrenzte Scheinwelt, für die sie viel Geld bezahlt hat und geht einfach die Straße weiter.
ps: diesen uralten text hab ich gerade auf einem alten kalenderrücken wiederentdeckt. ich glaub, ich sollt wieder mehr mit der hand schreiben. oder mehr aufräumen;-)
... ist eine irreführende überschrift, fahren sie hin und essen und trinken sie, riechen und schmecken sie, nehmen sie sich zeit für eine wunderschöne gegend, für ein großartig renoviertes zauberhaftes gebäude, für ein supersympathisches "wirtspaar" ...
am besten beordern sie mindestens vier ihnen ans herz gewachsene freunde ebenfalls dorthin*, menschen, die nicht einmal anreise per flugzeug scheuen, mit denen sie sich in eine der gemütlichen nischen zurückziehen, dort bauchmuskelkater vor lachen kriegen und die ihnen bei der heimfahrt noch den schlaf vertreiben.
wahrscheinlich wird ihnen die örtliche blasmusikkapelle zwar nicht mehr aufspielen und den bürgermeister werden sie eventuell auch nicht mehr kennenlernen. aber das wird ihnen wahrscheinlich auch nicht fehlen.
andererseits könnten sie an schönen tagen gleich daneben sogar ins wasser rutschen, ideale bedingungen für sehr wasserfeste kleinstkinder.
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wirklich abraten würde ich ihnen nur davon, am nächsten morgen ein ebensolches (wasserfestes kleinstkind) wegen strahlenden sonnenscheins nackt auf ihrem balkon krabbeln zu lassen, und seinen stoffwechsel der zufallig gerade nicht ganz festen art zu übersehen.
gar nicht so selten fahren polizeiautos auf dem gehweg neben der donau, gleich da, wo ich wohne. beim spielplatz hat allerdings noch nie eins angehalten. die polizistin kam zu uns, einer zufälligen ansammlung von eltern und kindern, die den warmen abend noch nutzten. ob wir mitkommen und schauen könnten, wurden wir gebeten, vielleicht kenne ja einer das kind da.
ein wirklich noch sehr kleiner bub, sicher noch keine drei jahre alt, saß am rücksitz, schaute uns auch alle ganz ruhig an, sagte kein wort. nein, niemand hatte ihn je zuvor gesehen, wieso?
auf der brücke gleich daneben hätten sie ihn gefunden, aber schon vor stunden, anscheinend vermisse ihn keiner. und er hätte nichts gesagt, vielleicht wenn jemand in einer anderen sprache?
das kind sah uns weiterhin ruhig und ernst an. nicht einmal einen namen, nichts.
wenn jemand suchen würde, der solle den notruf wählen, ob wir das bitte ausrichten würden. gern hätten wir, aber es kam auch in der nächsten halben stunde keine mutter, kein vater, kein bruder.
unsere würden weinen und schreien, sagten die anderen eltern und ich. unsere würden wir aber auch nicht aus den augen lassen. der hätte auch noch keine zwei jahre alt sein können, meinte eine.
am ganzen heimweg hab ich alle in der umgebung angesehen, ob vielleicht jemand verzweifelt wirkte oder offensichtlich ein kind suchte. was machen die jetzt mit dem kind, fragte ich den h. glaubst du, dass ihn jemand absichtlich ausgesetzt hat? gleich neben der schnellstraße? fürsorge, pflegeeltern, die werden schon einen platz für ihn finden. vielleicht hat ja auch ein geschwister nicht aufgepasst und traute sich nicht, daheim gleich die wahrheit zu sagen.
das bild von dem stillen kleinen, das geht mir seither nicht aus dem kopf.
... allen, die so zahlreich gekommen sind
... allen, die mit uns gelacht haben
... der mama vom h., die für uns gebacken hat
... den b&b's, die für DIE überraschung des abends
gesorgt haben
... der m. für die ganz besonere unterstützung davor
... und den zwei ganz besonderen ladies, die zufällig
neben mir gesessen sind;-)