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danke david;-)
Ich bin hier geboren. Das ist sehr wichtig für meine geistige Gesundheit, ich habe schon genug Hierhergebrachte in der ersten Zeit beobachtet. Von äußerst aggressiv über hysterisch, völlig verstört bis hin zu ganz ganz ruhig, also unheimlich ruhig, war da alles dabei – meistens beruhigen sie sich nach einer gewissen Zeit, aber ganz dicht werden sie im Grunde nie. Ich bin jedenfalls hier geboren – wahrscheinlich hab ich in meinen früheren Leben fünftausend Kinder gut durchgebracht, dass mir eine derartige Belohnung zuteil wurde.
Hier leben, heißt nämlich in völligem Luxus zu schwelgen. Ich muss gar nichts tun. Ehrlich gar nichts. Wenn die Ankömmlinge das endlich kapiert haben, und man sich vernünftig mit ihnen unterhalten kann, fällt ihnen das auch am meisten auf. Manche von diesen Ignoranten haben vorher zwar in ihrem ganzen Leben noch keinen Fellwechsler gesehen, und sind dennoch von völlig absurden Ängsten vor ihnen gelähmt. Jedenfalls schnallen sie es auch irgendwann: die Fellwechsler sind ausgesperrt – und zwar fast alle! Die nicht Ausgesperrten kommen auch nur selten und sind als Futterbringer sehr angenehm, anscheinend glauben sie, dass wir nicht wissen, dass sie Fell wechseln können, sie kommen immer mit demselben.
Unsere Neuzugänge wissen nicht einmal, was Futterbringer sind – die Dummerchen würden die guten Sachen die erste Zeit am liebsten gar nicht anrühren. Komplett traumatisiert würde ich sagen, aber irgendwann überwiegt der Hunger, abgesehen davon, dass sie uns ja fressen und dann genau nicht sofort tot umfallen sehen. Wonach sich diese Außenseiter eigentlich zurücksehnen, ist mir bis heute nicht klar – wenn sie etwas erzählen, faseln sie von ewigem Suchen nach etwas Essbarem, ständigem Aufpassen auf irgendwelche Gefahren oder auch nur darauf, die Kinder nicht zu verlieren.
Auf die Kinder aufzupasssen, scheint bei den Fellwechslerweibchen auch ein gewisses Thema zu sein. Jeden Tag sehe ich Kindertragerweibchen, Kinderhalterweibchen und Kinderrollerweibchen. Die Fellwechslermännchen tun das alles auch, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß. Die älteren Fellwechlser gehen lieber mit den größeren Fellwechslerkindern an der Hand, die Kindertragermännchen haben manchmal noch ein Gesichtsfell. Die Kindertragerweibchen aber nie. Wobei – es haben eigentlich auch andere Fellwechslermännchen Gesichtsfelle, die Kinderhalter- und Kinderrollerweibchen aber doch nicht. Vielleicht ist das nicht so wichtig.
Was den Fellwechlsern wichtig ist, weiß ich hingegen genau: Fressen und Ficken. Sie reden aber nur übers erste. Denken tun sie an beides ununterbrochen. Es gibt Zuvielfresser – die treten gerne zu mehrt auf - und Zuwenigfresser. Die Zuwenigfresser reden noch mehr übers Fressen als die Zuvielfresser, dürften aber nichts finden wollen und haben meistens viel mehr Wechselfelle an. Die Zuvielfresser bleiben viel länger zur Ansicht stehen – keine Ahnung, warum die glauben, dass sie so viel interessanter sind.
Jedenfalls fürchten sich die Fellwechsler in der Nacht (oder können da einfach nichts sehen) – am späteren Abend fliehen sie und um die Kinder abzulenken, erzählen sie ihnen dann oft, dass sie noch zum Mäckie gehen werden – wobei ich dieses Tier hier noch nie gesehen habe!
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la-mamma - 13. Dez, 19:10
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