starke frauen
„Nie krieg ich eine Überraschungsparty“, beklagte sich meine kleine Schwester vor vier Wochen, „einmal hätt´ ich das gern so, wie in den amerikanischen Filmen, wo sie dann alle die Ahnungslosen bejubeln!“ Gleich darauf bewies sie mir, dass sie sich meine Ausführungen zum Thema „Unmögliche Appelle“ (an und für sich einem Spezialgebiet meiner Mutter) wohl gemerkt hatte: „Und jetzt geht es auch nicht mehr, denn jetzt hab ich es mir ja gewünscht!“ Ich reagierte darauf mit Schweigen. Und mit einer naheliegenden Idee.
*
Einen Monat, etliche Verschwörungstreffen mit ihrer besten Freundin, einige Internet- und sonstige Recherchen an ungefähr bekannten Arbeitsplätzen, sowie einige Telefonate später, war es heute so weit: Acht Frauen, die alle kein Sterbenswörtchen im Vorfeld verlauten hatten lassen, begrüßten sie - eine Woche vorm zu feiernden Runden - zum Frühstück. Am liebsten stellte ich ein Bild von ihr mit ihren Freudentränen da herein, dafür ist sie aber wiederum zu vielen Leuten bekannt, und das fände ich irgendwie zu indiskret. Jedenfalls war es ein voller Erfolg, wir saßen alle noch lange in die Nachmittagsstunden hinein, und ich freute mich für sie.
Freute mich darüber, dass sie solche Freundinnen hat, wie sie hat, Freundinnen, die sich für einen Brunch in den Zug setzen, die ihre Kleinkinder versorgen lassen können, die ihr wunderbare Gedichte schreiben, die allesamt selber starke Frauen sind, und die ihr einfach auch die richtigen Worte sagen können.
Und jetzt halt ich mir vor Augen, was ich alles hab, was sie nicht hat, denn das hilft gegen den kleinen traurigen Anfall, den ich gerade wegen der mir abhanden gekommenen drei Freundinnen habe. Vor fünf Jahren hätte ich das so nicht gedacht, da fühlte ich mich - genau wie meine kleine Schwester - in ein Netz aus Freundschaften eingebettet. Vielleicht waren es nicht so viele, aber enge – dachte ich jedenfalls.
Als erstes verabschiedete sich die C. . Leise eigentlich und ein wenig traurig. Ihre neue Freundin mag es nicht, wenn sie alte Freundschaften weiter pflegt. Ich verstehe es irgendwie, es tut mir nur so leid, dass sie aus dieser seltsamen Abhängigkeit nicht heraus kommen kann oder will. Und ich bin keinesfalls eine sexuelle Konkurrenz, aber darum geht es bei Eifersucht ja ohnedies meistens nicht, oder? Anfang des Jahres trafen wir einander das letzte Mal bei ihr, und ich merkte, wie schwer es für die C. ist, es dauernd allen Recht zu machen. Das ist so tief in ihr drinnen, das macht natürlich auch einen Teil ihres Wesens aus, aber dass ausgerechnet eine andere Frau damit fast naturgemäß zum ärgsten Macho wird, der mir einfällt, steht auf einem anderen Blatt.
Die nächste war die J. Da ist mir die Einsicht, dass ich mir seit dreißig Jahren zu viel erwartet habe, auch nicht gerade leicht gefallen. Ihrem neuen Freund sei mein neuer Freund als Gesellschaft eher nicht zuzumuten, bekannte sie recht ehrlich. Für ihre Tochter ist mein Sohn anscheinend auch nicht der richtige Umgang, deshalb zöge sie Treffen zu zweit vor. Ich bin so schwer von Begriff, dass ich erst nach etlichen Verschiebungen im Vorfeld und als sie dann nicht zum ersten Mal nur eine halbe Stunde Zeit hatte, endlich die Konsequenzen zog, und fragte, was denn eigentlich los sei. Denn wir hatten uns eigentlich immer eher zu zweit getroffen.
Als letzte verlor ich die M.. An eine Krankheit eigentlich, obwohl ihr Hirnschlag zwei Jahre her ist. Vielleicht liest sie ja noch manchmal da mit, vorstellen kann ich es mir eher nicht. Die fehlt mir am meisten, und ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die M. von früher oder die spätere meine. Die von früher gibt es schlicht nicht mehr, damit hatte ich mich eigentlich abgefunden. Der neuen ging es nie wirklich gut, weder mit sich selbst noch mit mir. Ich sei ihr zu oberflächlich, der Vorwurf tat mir ziemlich weh. Sie verstehe nicht, wie ich das so und jenes so machen hätte können, und deshalb könne sie nicht mehr meine Freundin sein. An die M. denke ich am häufigsten, wenn ich eine ganz bestimmte Freundin bräuchte, eine, die mir den Kopf wieder gerade rückt, eine, die sich nicht blenden lässt, eine, die mir nichts schönredet, eine, die immer alles ausspricht, was sie sagen will, und eine, die ich – obwohl oder gerade weil sie so mühsam sein kann – sehr mag.
Das heißt nicht, dass ich jetzt gar keine wirklichen Freundinnen mehr habe, ganz im Gegenteil.
Aber ein bisschen Vakuum ist schon da.
*
Einen Monat, etliche Verschwörungstreffen mit ihrer besten Freundin, einige Internet- und sonstige Recherchen an ungefähr bekannten Arbeitsplätzen, sowie einige Telefonate später, war es heute so weit: Acht Frauen, die alle kein Sterbenswörtchen im Vorfeld verlauten hatten lassen, begrüßten sie - eine Woche vorm zu feiernden Runden - zum Frühstück. Am liebsten stellte ich ein Bild von ihr mit ihren Freudentränen da herein, dafür ist sie aber wiederum zu vielen Leuten bekannt, und das fände ich irgendwie zu indiskret. Jedenfalls war es ein voller Erfolg, wir saßen alle noch lange in die Nachmittagsstunden hinein, und ich freute mich für sie.
Freute mich darüber, dass sie solche Freundinnen hat, wie sie hat, Freundinnen, die sich für einen Brunch in den Zug setzen, die ihre Kleinkinder versorgen lassen können, die ihr wunderbare Gedichte schreiben, die allesamt selber starke Frauen sind, und die ihr einfach auch die richtigen Worte sagen können.
Und jetzt halt ich mir vor Augen, was ich alles hab, was sie nicht hat, denn das hilft gegen den kleinen traurigen Anfall, den ich gerade wegen der mir abhanden gekommenen drei Freundinnen habe. Vor fünf Jahren hätte ich das so nicht gedacht, da fühlte ich mich - genau wie meine kleine Schwester - in ein Netz aus Freundschaften eingebettet. Vielleicht waren es nicht so viele, aber enge – dachte ich jedenfalls.
Als erstes verabschiedete sich die C. . Leise eigentlich und ein wenig traurig. Ihre neue Freundin mag es nicht, wenn sie alte Freundschaften weiter pflegt. Ich verstehe es irgendwie, es tut mir nur so leid, dass sie aus dieser seltsamen Abhängigkeit nicht heraus kommen kann oder will. Und ich bin keinesfalls eine sexuelle Konkurrenz, aber darum geht es bei Eifersucht ja ohnedies meistens nicht, oder? Anfang des Jahres trafen wir einander das letzte Mal bei ihr, und ich merkte, wie schwer es für die C. ist, es dauernd allen Recht zu machen. Das ist so tief in ihr drinnen, das macht natürlich auch einen Teil ihres Wesens aus, aber dass ausgerechnet eine andere Frau damit fast naturgemäß zum ärgsten Macho wird, der mir einfällt, steht auf einem anderen Blatt.
Die nächste war die J. Da ist mir die Einsicht, dass ich mir seit dreißig Jahren zu viel erwartet habe, auch nicht gerade leicht gefallen. Ihrem neuen Freund sei mein neuer Freund als Gesellschaft eher nicht zuzumuten, bekannte sie recht ehrlich. Für ihre Tochter ist mein Sohn anscheinend auch nicht der richtige Umgang, deshalb zöge sie Treffen zu zweit vor. Ich bin so schwer von Begriff, dass ich erst nach etlichen Verschiebungen im Vorfeld und als sie dann nicht zum ersten Mal nur eine halbe Stunde Zeit hatte, endlich die Konsequenzen zog, und fragte, was denn eigentlich los sei. Denn wir hatten uns eigentlich immer eher zu zweit getroffen.
Als letzte verlor ich die M.. An eine Krankheit eigentlich, obwohl ihr Hirnschlag zwei Jahre her ist. Vielleicht liest sie ja noch manchmal da mit, vorstellen kann ich es mir eher nicht. Die fehlt mir am meisten, und ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die M. von früher oder die spätere meine. Die von früher gibt es schlicht nicht mehr, damit hatte ich mich eigentlich abgefunden. Der neuen ging es nie wirklich gut, weder mit sich selbst noch mit mir. Ich sei ihr zu oberflächlich, der Vorwurf tat mir ziemlich weh. Sie verstehe nicht, wie ich das so und jenes so machen hätte können, und deshalb könne sie nicht mehr meine Freundin sein. An die M. denke ich am häufigsten, wenn ich eine ganz bestimmte Freundin bräuchte, eine, die mir den Kopf wieder gerade rückt, eine, die sich nicht blenden lässt, eine, die mir nichts schönredet, eine, die immer alles ausspricht, was sie sagen will, und eine, die ich – obwohl oder gerade weil sie so mühsam sein kann – sehr mag.
Das heißt nicht, dass ich jetzt gar keine wirklichen Freundinnen mehr habe, ganz im Gegenteil.
Aber ein bisschen Vakuum ist schon da.
la-mamma - 2. Dez, 20:36
5 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
2667 mal angeklickt. oder gar gelesen?