Dienstag, 31. Januar 2012

Lieber Xaver (2),

morgen wirst du zwei Jahre alt – und mir kommt vor, du hast erst vorgestern deinen allerersten Schrei getan. Mittlerweile kannst du dich natürlich viel besser ausdrücken, du bildest oft schon Vier-Wort-Sätze (Papa-mach-das-auf , Ich-bin –nicht-müde, …) und wir haben gelernt, auch die von dir erfundenen Worte zu verstehen. „Pleitai“ heißt zum Beispiel Spielplatz, oder „Latti“ das Fläschchen. Einzig „Blauli“ konnten wir nie so recht einordnen, aber das sagst du schon länger nicht mehr.

„Deloin“ wiederum kann nur Papas Telefon sein, meins ist nämlich tabu. Während du dir auf dem väterlichen die kleinen Filme mit Dir als Hauptdarsteller in unendlich gern und oft ansiehst. Es ist auch ganz erstaunlich, welche sonstigen Features du auf jedem Handy entdeckst, lauter Dinge, von denen wir gar nicht wussten, dass es sie gibt.

Überhaupt ist die Welt rundherum im letzten Jahr äußerst interessant geworden – du lässt dich durchaus gern im Wagen spazieren führen, weil es da ja so unendlich viel zu sehen gibt. Wenn man sich in Deiner Gegenwart unterhält, wiederholst du alle Phrasen, die Dir gefallen. Wenn man sich neben Dir die Zehe anstößt, sagst du als erster das böse Wort mit Sch vorne ganz laut.

Ich kann mich noch genau an den Nachmittag erinnern, als du gehen gelernt hast. Dein großer Bruder hat dich aufgerichtet, vorsichtig ausgelassen und du bist in meine Richtung gestürmt. Bis auf vier, fünf Schritte hintereinander hast du es da schon gebracht. Um danach nicht etwa in meine rettenden Arme zu stürzen, sondern sofort in Richtung oranges Kissen zu krabbeln, dort den Kopf kurz abzustützen, wieder zum A. zurückzukrabbeln und das ganze 47mal von vorne zu beginnen. Am nächsten Tag war die Fünf-Schritt-Grenze überwunden und der Polster wieder ganz uninteressant.

Praktischerweise bist du durchs viele Laufen dann größer und dünner geworden, so dass dir fast alle Vorjahressachen – deutlich anders ausgefüllt – noch gepasst haben.

Mittlerweile kletterst du überall hinauf, wo du sollst und wo du nicht sollst, schaffst es, dir aus umgedrehten Küchenschüsseln Leitern zu bauen, sperrst mit besonderer Leidenschaft das eigentlich aus gegenteiligen Gründen gekaufte kleine Kästchen, in dem wir die Computer verstecken, auf und bringst ausgerechnet die Eingangstür schon ganz souverän alleine auf.

Deine Mimik hat sich erweitert, mindestens um dein Schnoferlgesicht und um ein unglaublich verschmitztes Lächeln, wenn wir einen deiner kryptischeren Sätze nicht verstehen oder du den Papa in Hinblick auf Schokolade-, Schlecker- oder Kaugummi(!)spenden wie so oft wieder einmal erweichen konntest.

Im Ablehnen bist du auch schon sehr geübt, es kann passieren, dass dir ein „Neinneinnein“ samt energischem Kopfschütteln entkommt, von dem wir selbstverständlich wissen müssen, dass es nicht so gemeint ist. Unsere „Neinneinneins“ sind schon so gemeint, und auch das ist dir wiederum irgendwie bewusst. Das ist auch gut daran zu erkennen, dass du verbotene Handlungen, wie etwa Mamas Kette zu zerreißen, währenddessen selber mit einem deutlich vernehmbaren „Lass das!“ oder „Finger weg!“ kommentierst.

Diese beiden Sätze eignen sich auch hervorragend, um auf dem Spielplatz zwei Kopf größeren Kindern zu zeigen, wer hier der Chef ist. Du hast aber schon gelernt, dass es nicht immer funktioniert. Dann schwenkst du gerne auf die „Eiei“-Schiene um, aber auch mit deinen plötzlichen Zuneigungskundgebungen sind nicht alle gleich einverstanden.

Noch tust du dir da mit deinen großen Verwandten und Freunden leichter. Einer der Jahreshöhepunkte war es, wie du zu Weihnachten den Christbaum bewusst wahrgenommen hast. Am 24. waren deine freudigen Äußerungen ja irgendwie zu erwarten, mit den ganzen Wunderkerzen und Geschenkebergen und ganz viel Besuch rundherum. Richtig süß war aber deine Begeisterung am nächsten Morgen, du hast uns mindestens zehnmal „Christbaum-noch-da!“ mitgeteilt, etwas, womit du anscheinend eher nicht gerechnet hast.

Fix eingeplant ist jede Woche ein anderes Highlight: der montäglichen Besuch deiner allergrößten Freundin. Wird ihr Name zu früh erwähnt, lässt du dich aus Vorzimmer oder Stiegenhaus gar nicht mehr weg bewegen, du setzt dich dorthin und wartest sehnsüchtig, bis sie endlich da ist.

So viele erste Male gab es in diesem Jahr, das erste Mal Meer, das erste Mal Schnee, das erste Mal Tagesmutter, das erste Mal Urlaub mit (fast) Gleichaltrigen. Und ein paar erste Male werden sich schon bald einstellen: das erste Mal Durchschlafen, wär mir nicht unrecht, und das erste Mal „Töpfchengehen“ hätten wir zumindest gerätetechnisch schon vorgesehen.

Besonders nett finde ich, dass seit ein paar Wochen (Monaten?) NIEMAND die Wohnung verlassen darf, ohne dir ein Bussi gegeben zu haben. Irgendwie macht es das ein bisschen leichter, jeden Tag hinaus zu gehen.
1599 mal angeklickt. oder gar gelesen?

hier fehlt was;-)

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esel

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