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Sonntag, 8. Juli 2007

8.

Du redest nicht mit dem Günter, ohne dass ich dabei bin, Klara. Versprich mir das. Schau, ich hab dir ein neues Schloss eingebaut, Klara. Danke, Niki. Sind wir noch Freunde, Günter? Jetzt wieder, Klara.
Der Florian ist mit der Mama im Schwimmbad. Er hat gerade die erste Woche Ferien und er hat zur Mama gesagt, in den Ferien lernt er schwimmen. Jetzt versucht er es schon eineinhalb Stunden lang. Er geht immer wieder unter und schluckt eine Menge Wasser. Aber das macht ihm nichts, er schafft am ersten Tag schon drei Tempi hintereinander. Die Mama sitzt am Beckenrand und schaut ihm zu. Der Florian tut so, als ob er sie gar nicht sieht. Aber am nächsten Tag schafft er es, die Füße so lange nicht wieder auf den Boden zu stellen, dass er die Tempi gar nicht mehr zählen kann. Jetzt zeigt er es der Mama, dass er sich das Schwimmen selber beigebracht hat. Die Mama ruft sogar den Papa an, um ihm das zu erzählen.
Später im Sommer fliegt der Florian mit der Mama und dem Niki nach Spanien. Eigentlich wäre der Florian ja lieber mit dem Maxi nach Frankreich gefahren. Aber der Niki hat der Mama erklärt, dass es in Spanien auch schön ist. Dort wohnen sie in der Wohnung von der Schwester vom Niki. Deshalb muss der Florian auf alle Sachen ganz gut aufpassen. Jede Früh darf er dem Niki aufwischen helfen, denn sie tragen immer ganz viel Sand herein. Das Meer hat ganz hohe Wellen und der Florian traut sich gar nicht hinein, obwohl er doch schon schwimmen kann. Der Florian will auch mit der Mama Ball spielen, aber da ist immer der Niki und will dasselbe. Dem Florian ist dann ein bisschen langweilig. Er findet zum Sandburg Bauen ist er schon zu groß. Also graben er und der Niki die Mama ein, das ist lustig, weil sie so ein Theater macht. Einmal darf der Florian sogar angeln, aber er fängt keinen Fisch. Nach dem Strand gehen sie immer in ein Kaffeehaus, wo sie Billard spielen. Das kann der Florian recht gut, weil er es früher einmal in einer langen Regenwoche ganz viel geübt hat.
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10.

Monatelang konnte ich nicht aufstehen, machte nur das Allernotwendigste, befand mich immer wieder im Krankenstand. Ich hatte einen leichten Autounfall, die Psychiaterin erklärte mir, ich dürfte bei meiner Medikamentation überhaupt nicht fahren.
Und dann ging ich wieder hinaus.
Ich drehte seit langer Zeit wieder einmal den Computer auf. Günter ist der Ansicht, das Internet hätte unsere Ehe ruiniert. Dazu beigetragen hat es auf jeden Fall.
Anders hätte ich Thomas wohl kaum gefunden. Und mich schon gar nicht in ihn verliebt. In einer seiner ersten e-mails stand noch, dass er mit seiner Lebensgefährtin und zwei Kindern in Graz lebte. Daher hatte ich keine Bedenken, mich auf einen Dialog einzulassen. Ich war damals bereit, Günter eine zweite Chance zu geben – wir wollten ein zweites Kind und bald umziehen. Wie schon lange Zeit zuvor, kam er aber fast nie nachhause. Ich wurde nicht schwanger und machte mir Sorgen. Denn ich wollte mit dem zweiten Kind etwas gutmachen. Leider ist das nicht möglich. Nur bezahlen muss ich, ich versuche, jedem soviel Liebe zu geben, wie ich kann, das mag eine seltsame Buße sein, aber die hab ich mir auferlegt.
Die Mama sitzt neben dem Spielplatz und schaut dem Florian zu. Zuerst geht der Florian zu den Ringen, zum Rutschen ist er schon zu groß, findet er. Dann will der Florian auf dem Karussell gedreht werden und ruft die Mama. Da sieht er neben der Mama einen Mann sitzen, mit dem sie sich unterhält. Die Mama kommt sofort und gibt dem Karussell einen ordentlichen Schubser. „Noch mehr?“ fragt die Mama. „Schneller, Mama“, ruft der Florian und die Mama lacht und rennt die halbe Runde mit. „Ich kann nicht mehr“, sagt die Mama und geht zur Bank zurück. Der Mann ist dort sitzen geblieben und sie reden weiter. Der Florian dreht sich noch ein bisschen, dann läuft er auch zur Bank. „Das ist der Thomas“, sagt die Mama. Na und, denkt der Florian, wieso schaut der mich gar nicht an. „Ich will heim“, sagt der Florian. „Kein Problem, mir ist eh schon kalt“, sagt die Mama. Wie sie dann wirklich gehen, gibt die Mama dem fremden Mann ein Bussi.
„Ich mag den Thomas nicht,“ sagt der Florian. „Aber ich“, sagt die Mama leise, „und außerdem gehst du doch gerne ins Museum!“ Das stimmt schon und der Florian weiß, was es heißt, wenn die Mama sagt, sie hat etwas fest ausgemacht. Wie sie dann dort sind, rennt der Florian viel herum und zeigt dem größeren Buben alles mögliche, denn er war schon vorher einmal da.
Ein anderes Mal schauen sie sich gemeinsam ein Kraftwerk an. Da sind viel zu viele Leute, die Mama vom Florian macht das ganz nervös. Da läuft er mit dem großen Sohn vom Thomas, dem David, ein bisschen voraus und merkt gar nicht, dass ihn die Mama schon längst nicht mehr sehen kann. Als sie ihn findet, lacht sie. Zuhause fragt sie ihn, ob ihm der Ausflug gefallen hat. „Der David ist nicht mein Freund“, sagt der Florian und mag nicht mehr drüber reden. Schade, sagt die Mama und liest zwei ganze Kapitel vor dem Einschlafen.
Thomas hat mich zum Schreiben gebracht. Schön langsam denke ich, ich bin die Alma Mahler-Werfel mit Penis. Umarm dich, Kla.
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12.

Jeder nimmt ein Stück von dir, den Satz habe ich schon zwei Mal gehört. Ich gehöre mir wieder. Jedes Mal. Ich kann mich nicht mehr so einfach aufgeben. Es ist ja auch fast nichts mehr da. Nur das Fremde, das bei mir geblieben ist. Und das ist nicht immer Gutes. Immer weniger eigentlich.
Ich zog die Leidenschaft der Liebe vor. Was immer das zweite ist. Ich verwechsle es noch immer. Leider. Manchmal. Oder es wechselt. Wenige halten das aus. Wahrscheinlich niemand. Ich bin mir meiner Suchtgefährdung bewusst. Deshalb verzehre ich mich, ich werde immer dünner. Warum ich einen Mann suche, weiß ich gar nicht. Warum ich immer wieder aufstehe, manchmal auch nicht.
Ein schönes neues Jahr, Klara. Wirst du dazu beitragen, Andreas? Glaub ich nicht. Du bist unheimlich nett. Du bist großartig. Kommst du diese Woche? Ja-nein-vielleicht? Wahrscheinlich nicht. Ich kann so nicht. Sorry.

Ich würd gern wissen, was so ist. Zu einer Partnerschaft gehören zwei. Und wie die beiden miteinander können - wenn sie es denn wollen – definieren sie miteinander. Wenn sie nicht drüber reden, entsteht „so“ irgendwie, und die Unzufriedenheit mit dem Zustand „so“ lässt sich gar nicht so leicht artikulieren. Ich hab es ihm so einfach gemacht, weil es für mich einfach war, und weil ich noch nie eine große Taktikerin war. Anscheinend habe ich sein Misstrauen geweckt. Oder ihn erschreckt. Ich dachte, er käme damit zurecht. Mit meiner direkten Art. Mit meiner Impulsivität. Mit meiner Zärtlichkeit. Ich dachte, ich sei ein Geschenk. Für ihn und sein Kind.

Klara, ich habe dir deutlich zu verstehen gegeben, dass ich mich nicht auf dich einlassen will. Ich habe mich richtig entschieden. Ich kann und will nicht in eine Beziehung hineinstolpern, weil ich so das Gefühl habe, dass du das für dich nicht ausschließt, und das eine Dynamik annehmen kann, die ich nicht will. Geschenke kann man auch ablehnen. Einem One-Night-Stand strickt man keine Pullover, Andreas, ich hätte dich so gern zum Lachen gebracht.
Ich hab mich so zurückgenommen, ich war einfach nicht ich selbst. Und darauf wäre es wohl angekommen.

Wahrscheinlich nicht.

Mädchen, willst du mir nichts kochen?
Einfach so wie abgesprochen?
Mag was essen, reden, lachen,
komm mir nicht mit ernsten Sachen.

Mädchen, willst du hier nicht putzen?
Einfach mal den Besen nutzen?
Mag was ordnen, schlichten, räumen,
komm mir nicht mit deinen Träumen.

Mädchen, willst du mich verführen?
Einfach nur die Körper spüren?
Mag dich kosen, halten, küssen,
aber dich nicht lieben müssen.

Mädchen, willst du hier nicht bleiben?
Einfach so zum Zeitvertreiben?

Du sagst zu allem JA?

Mädchen, wenn ich dir das glaube,
wirst du niemals meine Taube,
bist zu nett und zu gerade,
und das ist dann doch recht fade.
Darüber konnte er schmunzeln. Ansonsten war er nur traurig. Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters, sagte er. Die Beobachterin hat nicht gewusst, was sie nicht gesehen hat
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11.

Vor Nikis Augen habe ich alle meine Texte vernichtet. Ich habe alles, was ich an Erinnerungsstücken aufbewahrt habe, weggeworfen. Ich habe ihm alles, was er wissen wollte beantwortet. Als ich fertig war, liebte er sich nicht mehr. Niki ist in meinem Kopf. Ich bekomme ihn da nur heraus, wenn ich mit jemand anderem zusammen bin. Ich habe Kuscheltiere noch nie gemocht. Ich erfülle seinen Auftrag. Ich habe seinen Antrag angenommen. Eine falsche Entscheidung. Ich habe meine Meinung geändert.
Wir standen vorm Fenster und er schrie „SPRING“. Er hielt mich immer irgendwo fest. Den ganzen Tag. Es wird Zeit, dass die Panikattacken aufhören. Ich lasse sie zu, dann gehen sie schneller vorbei. Ich lüge nur mehr aus Barmherzigkeit. Und damit ich meinen Job nicht verliere.
Ich war nie wieder in Frankfurt. Ich habe das Blut im Badezimmer nicht gesehen. Ich dachte, ich werde stumm. Wer die Welt einmal anders gesehen hat, versteht. Er wollte nicht mich, sondern mein Kind. Sein eigenes darf er nur alle zwei Wochen zwei Stunden unter Aufsicht sehen. Seine Exfrau hat ihn im achten Monat verlassen. Eine Exfreundin hat sich umgebracht. Eine andere habe ich angerufen, um zu hören, ob sie noch lebt. Niki hat mich gelehrt, was Schuldgefühle sind. Denn er kannte keine.
Nach ihm war ich ein Jahr lang nicht wütend. Gegen Ende konnte ich nur mehr an Gewalt denken, aber an meine. Ich konnte keine Messer anschauen. Ich wollte nicht einmal mehr welche in den Laden haben. Er sagte, er brächte sich um, wenn es je zu Ende ginge mit uns. Ich glaube nicht, dass er es getan hat. Er konnte mich nicht mehr anschauen, wenn wir miteinander schliefen. Er sagte das mit dem Umbringen sehr bald und sehr oft. Zu seinem Nilpferd.
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13.

Ich war zwölf Jahre und einen Tag verheiratet. Alltag. Irgendwann. Die ersten Schritte sind nicht so schlimm, ich kann mit beiden Armen, mit beiden Händen halten, das Gewicht ist tragbar, auch wenn meine rechte Schulter schmerzt. Schließlich habe ich die Kiste auch aus dem Kofferraum gehoben, auf der Straße abgesetzt, um das Auto zu versperren, die Kiste wieder hochgenommen, und begonnen zu gehen. Ich war nicht unfreundlich am Telefon, ich habe mich beeilt und bin dennoch spät dran, aber nicht zu spät für die angegebene Verabredungszeit mit seinem Freund. Ich bat ihn zu kommen, zu kommen und zu helfen, doch er war schon zornig, zu spät war ich dran, nach seinem Maß. Er kommt nie irgendwohin pünktlich, er geht auch nie so weg, dass er überhaupt theoretisch pünktlich sein könnte, aber mir lastet er das immer an.
Ich habe keinen Parkplatz vorm Haus gefunden, ich muss weiter als sonst gehen. Ich will nicht wütend werden, und ich weiß doch, dass ich es schon bin. Wenn er mir jetzt entgegenkommt, könnte ich noch lächeln, wenn er mir jetzt hilft, dann gilt das für den ganzen Weg. Es war ausgemacht, dass er mir hilft. Schließlich hätte er sonst den ganzen Einkauf machen und tragen müssen. Das ist eine Regel, die am Samstag so gilt. Regeln müssen befolgt werden, sonst sind sie sinnlos.
Die Kiste ist doch sehr schwer, schon beim Geradeausgehen merke ich es, dass die Schulter zu stechen beginnt. Wenn ich jetzt vernünftig sein will, rufe ich noch einmal an. Ich kann nicht noch einmal anrufen, mir graut vor dem Absetzen der Kiste. Obwohl ich weiß, dass ich sie vor der Haustüre sowieso absetzen muss. Er hat gesagt, er sei nicht angezogen, wieso ist er nicht angezogen, wenn er doch in einer Viertelstunde seinen Freund treffen will? Ich könnte bei der Türe noch einmal anrufen, da ist die Kiste ja doch am Boden, ich könnte sagen, er soll die Putzfrau runterschicken. Warum tue ich es nicht? Ich bin schon so wütend, dass ich lieber wütend bleibe. Ich nestle den Schlüssel aus meiner Tasche, ich hänge die Haustür nicht ein, denn dann müsste ich mit der Kiste um die Tür herumgehen, um sie wieder aus der Verankerung zu lösen. Also halte ich die Tür mit dem Ellbogen offen, und das rechte Bein unterstützt diesen Vorgang.
Wenn mir jetzt jemand Bekannter begegnete, wäre ich mir nicht zu gut, um Hilfe zu bitten. Es kommt aber niemand. Ich gehe weiter im Flur, der Flur ist lang. Noch eine Tür, die immer geschlossen ist. Ich bin auf der schlechteren Seite der Tür, sie geht jetzt zu mir her auf, ich kann mit dem Ellbogen nur die Klinke herunterdrücken, zum Öffnen benötige ich eine Hand. Ich stelle die Kiste zum dritten Mal zu Boden, ich kann die Tür anders nicht öffnen. Wieder spüre ich den Schmerz in der Schulter, ich spüre ihn stärker, wenn ich die Kiste nicht halte, er ist mir vertraut, jedes Mal, wenn er wiederkehrt. Ich keuche und bin zornig. Wieso tue ich mir mein Leben überhaupt an? Wieso arbeite ich von früh bis spät meist ohne jede Pause, wieso arbeite ich so viel für andere? Es ist so lächerlich, was eine Frauenministerin einmal per Gesetz vorschreiben wollte. Niemand wäscht statt oder mit mir, kein anderer bügelt, putzt die Küche, räumt alles weg, erledigt, was immer zu erledigen ist.
Dankbar muss ich noch sein für die paar Handgriffe, die er für mich tut, zahlen muss ich für jeden Handgriff, den die Putzfrau für mich tut. Und immer warte ich auf alles, was er für mich tun sollte, manchmal habe ich schon ein Jahr und mehr gewartet. Wozu haben wir Regeln, wenn nur einer sich daran hält?
Ich bin weitergekommen, viel langsamer als noch auf der Straße, ich zwinge mich, mich auf meine Schritte zu konzentrieren, einen nach dem anderen. Noch eine Türe, aber die ist fast immer offen. Ich muss den Lift holen, ich habe die Kraft nicht, die Kiste noch höher zu heben, und so drücke ich den Liftknopf mit meinem Kinn. Der Lift braucht lange, bis er ins Erdgeschoss kommt, wahrscheinlich ist er fünf Stockwerke heruntergefahren. Die Tür öffnet sich, ich bin jetzt endgültig voller Zorn. Eigentlich habe ich vor, ihn zu unterdrücken. Vielleicht macht er dann eines von den vielen Dingen auf meiner Wunschliste. Ich weiß, dass das eine absurd törichte Hoffnung ist. Er macht nie das, was ich mir wünsche in von mir vorgesehenen Zeiten. (Oder überhaupt.) Im Lift stütze ich die Kiste auf die eingebaute Stange und halte sie weiterhin.
Als ich aussteige, bin ich erleichtert, fast am Ziel zu sein. Ich durchquere das Stiegenhaus und lehne mich gegen unsere Türglocke. Ich lehne sehr lange. Ich höre, wie die Putzfrau den Staubsauger bedient, leider hört man mich deshalb nicht. Ich bin nicht mehr im Stande, die Kiste auf den Boden zu setzen und fallen lassen kann ich sie wegen ihres Inhalts auch nicht. Als eine Pause beim Staubsaugen eintritt, lehne ich mich wieder gegen die Klingel. Ich höre, wie jemand – das muss er doch sein – im Vorzimmer hantiert. Unendlich langsam öffnet er die Wohnungstür und grinst mich angezogen an. Da beginne ich ihn anzuschreien.

Ich will dass wir uns scheiden lassen, Günter. Wundert mich nicht, Klara.

13 Jahre.
Angekommen, hingegeben,
ohne ein Wort ausgesucht.
Übernommen, überleben,
hab mich dafür oft verflucht.
Jahre langen, ausgehalten,
ohne jeden Widerspruch.
Angefangen Haus gestalten
und ich seh den Niederbruch.
Weggenommen, aufgegeben,
Worte, die du mir jetzt sagst.
Dreck bekommen, anders leben,
besser wenn du mich nichts fragst.
Will mir dich doch heiter denken!
Willst du mich nicht weiterschenken?

Ich war ihm niemals treu. Ich war niemals treu. Von Anfang an nicht. Und beim Wesentlichsten nicht. Ich möchte gerne dafür bestraft werden. Aber das hilft mir auch nichts. Bei jeder Demütigung tut mir der leid, den ich dazu bringe, so zu mir zu sein. Normale Menschen gehen mir zu manchen Zeiten aus dem Weg. Abgesehen davon, dass für mich fast alles normal ist. Es ist alles meine Schuld. Ganz allein. Ich werde es einmal noch sagen müssen. Noch nicht jetzt. Es ist zu früh. Ich tue viele Dinge zu früh. Aber das nicht. Alles andere ist egal. Ich bin mir schon ziemlich gleichgültig geworden. Wenn ich jemandem etwas geben kann, tue ich es. Wenn nicht, dann nicht. Ich lebe mit dem Bösen in mir. Ich werde bald sterben, denn die drei Versuchungen bin ich durch – die Angst, die Macht, die Weisheit und dann kommt eben der Tod, was sonst?
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14.

„Wir gehen am Sonntag ins Bad“ sagt die Mama. „Mit wem?“ fragt der Florian. „Kennst du noch nicht“, sagt die Mama, „ich hab jemanden kennen gelernt, und der hat einen Sohn, den Adrian, der ist genauso alt wie du.“ Der Florian geht gern ins Bad, aber dann sagt die Mama, sie machen doch etwas anderes, der Vater von dem Buben ist krank geworden.
Zwei Wochen später geht die Mama mit dem Florian in eine Werkstätte, wo man Porzellan bemalen darf. Der Florian malt sehr gern und heuer will er auch einmal Christkind spielen. Denn dass man zu Weihnachten auch selber Geschenke machen darf, weiß er schon. Seinen eigenen Christkindbrief hat er schon längst geschrieben. Da steht sein größter Wunsch drauf – ein Aquarium. Die Mama sagt aber, dass das Christkind genau diesen Wunsch nicht erfüllen wird. Der Florian fragt die Mama, ob sich das Christkind die anderen Sachen vorstellen kann. „Wirst schon sehen“, sagt die Mama, „aber ich mag nicht, dass du zu sehr enttäuscht bist, weil es keine Fische bringen wird.“ Da weiß der Florian, wie das mit dem Christkind immer schon funktioniert hat. Aber danach fragen will er nicht.
Beim Malen lernt der Florian den Adrian und den Andreas kennen. Als erstes sucht sich der Florian eine Katze aus. Die bemalt er nur für sich. Und dann malt er noch eine Tasse und einen Teller an. Die Sachen bleiben dort, sie müssen erst gebrannt werden. Nachher gehen sie alle vier Pizza essen. Der Florian und der Adrian setzen sich auf der Straße ihre Hauben so auf, dass sie wie Schlümpfe ausschauen. Da müssen sie ganz viel lachen.
Beim nächsten Treffen gehen sie endlich ins Hallenbad. Der Florian ist ganz begeistert. Außer dass er nicht rutschen kann, denn die Rutsche ist immer besetzt. Nachher kommen der Adrian und der Andreas noch mit zum Florian nach Hause. Das gefällt dem Florian, da kann er dem Adrian alle seine Karten zeigen.
Die Mama sagt zum Florian, dass sie mit dem Andreas und dem Adrian Schifahren gehen werden. Da freut sich der Florian, dass er seinen neuen Freund wieder sehen wird.
Für einen lohnt es sich weiterzukämpfen, für einen lohnt es sich, weiter zu schreiben, und der wird es am wenigsten verstehen. Dessen Liebe werde ich immer gehabt haben, egal wie sehr er mich dann ablehnt. Bitte verzeih mir. Denn du bist das Geschenk das ich bekommen habe, das Geschenk, das ich nicht verdient habe, das Geschenk auf das ich aufpassen muss, bis es Flügel hat, das Geschenk, dem ich das Auf-die-Welt-Kommen ermöglicht habe, das Beste und Liebste, das ich habe, und für den sich alles lohnt, auch das Weitermachen, wenn ich nur mehr weinen kann, das Zulassen der Traurigkeiten, das Nicht-Nehmen der Medikamente, denn die machen alles nur noch schlimmer, bitte verzeih mir, dass ich dir irgendwann die Wahrheit sagen muss, die ich so lange nicht kennen wollte, dass ich so eine schlechte Frau gewesen bin, dass ich immer noch mehr an mich als an dich gedacht habe, dass ich durchdrehe, wenn du nicht da bist, dass ich die falschen für uns beide gesucht habe, denn es gibt kein richtiges Leben im Falschen, dass ich so unvorsichtig war und so ohne jede Voraussicht, dass ich meine Kraft vergeudet und verschwendet habe, und dass ich für dich so wenig zurückgelassen habe, dass ich gelogen habe, dass ich immer lügen muss, bitte verzeih mir, denn ich selbst kann das nicht.
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15

Pass auf dich auf, die Ehefrauen sind am leichtesten zu haben. Das wusste ich damals noch nicht. Ich hätte darauf hören sollen. Ich dachte, es sei eine Frage der Versuchung. Oder der Langeweile. Heute weiß ich die Langeweile zu schätzen.
Günter wird wieder heiraten. Das ist mir nicht egal. Leider. Dem Florian auch nicht.
„Wir möchten mit dir reden“, sagt die Mama zum Florian. Der Papa steht daneben und schaut ganz ernst. „Jetzt nicht, geht das ein andres Mal?“, fragt der Florian, er schaut sich gerade seine Lieblingssendung an. Die Mama meint, ein bisschen später geht auch, nach der Sendung soll der Florian den Fernseher abdrehen. Das will er eigentlich nicht, er will gar nicht hören, was die Eltern ihm sagen werden. Die Mama hat so komisch telefoniert in letzter Zeit und wieso ist der Papa heute überhaupt schon zuhause? Manchmal folgt der Florian nicht, aber da kommt die Werbung und die Eltern sitzen immer noch neben ihm. Also muss er jetzt die Fernbedienung nehmen und auf den roten Knopf drücken.
„Wir lassen uns scheiden“, sagt die Mama. Florian sagt nichts. „Du weißt schon, wie bei Susi und Sandra.“ Susi und Sandra haben früher einen Stock über dem Florian gewohnt. Dann sind sie weggezogen, mit ihrer Mama. „Muss ich umziehen?“, fragt der Florian. „Nein, ich ziehe aus“, sagt der Papa, „aber nicht gleich, ich muss mir erst eine Wohnung suchen.“ „Warum musst du dir eine Wohnung suchen“, fragt der Florian, „du wohnst doch hier?“. „Das geht nicht, wenn man geschieden ist“, sagt die Mama, „da lebt man nicht mehr zusammen.“ „Wo soll ich denn dann wohnen?“, fragt der Florian und bekommt ein bisschen Angst. „Ich will aber zusammenleben“, sagt er dazu, obwohl er das Wort gar nicht so genau kennt.
„Was magst du essen“, fragt die Mama. „Ich mag nix essen“, sagt der Florian, „darf ich noch ein bisschen fernsehen?“. „Du musst doch was essen“, sagt die Mama, „du bist eh so dünn“. Dann geht sie in die Küche. Florian hat genau gesehen, dass sie zu weinen angefangen hat. Der Papa streichelt ihm über den Kopf. Das mag der Florian besonders gern, er hat ganz kurze Haare, da kann man so schön dagegen fahren. „Du wirst hier bleiben“, sagt der Papa, „und mich wirst du ganz oft besuchen“. „Hier mit der Mama?“, fragt der Florian. „Ja, nur mit der Mama, das haben wir so ausgemacht.“.
„Wer soll dich ins Bett bringen?“, fragt die Mama nach dem Abendessen. Der Florian lässt sich gern ins Bett bringen. Er sucht immer aus, wer das tun darf. Wenn Besuch da ist, sucht er sich sogar oft den aus. Die Tante Anna zum Beispiel oder den Karli-Opa. „Beide“, sagt der Florian heute, „Mama und Papa bringen mich ins Bett“. Die Eltern schauen einander an. „Okay“, sagt der Papa, „aber die Mama liest vor“. Das ist gut, denkt der Florian, die Mama liest nicht so schnell, und immer das ganze Kapitel. Der Papa hört immer schon nach zwei Seiten auf. „Putz dir die Zähne“, sagt die Mama und der Florian geht ins Badezimmer. Er lässt die Tür offen und horcht ein bisschen. „Glaubst hat er es verstanden?“, fragt die Mama den Papa. „Er wird es schon verstehen“, sagt der Papa, „jetzt ist es noch zu abstrakt“. Das letzte Wort hat der Florian überhaupt noch nie gehört.
Die Mama liest schon das zweite Kapitel, der Papa sitzt am Boden und hört auch zu. Der Florian ist müde, er war den ganzen Nachmittag im Hof unten und ist herumgerannt. Er mag noch bitten, dass ihm die Mama den Bauch krault, aber da fallen ihm die Augen zu.
Der Florian geht schon seit einem Monat in die Schule. Eigentlich gefällt es ihm dort recht gut. Er kennt fast alle Kinder aus seiner Klasse noch vom Kindergarten. Er sitzt neben seinem Freund, dem Maxi. Auf der anderen Seite sitzt die Lena, die hat die schönste Schrift in der Klasse. Aber manchmal schwätzt sie auch. Und der Florian hat auch jedes Mal ein Sternchen unter seiner Aufgabe.
Die Lehrerin ist sehr lieb. Heute kann der Florian ihr aber gar nicht so gut zuhören. Außerdem hat er seine Karten zum Tauschen vergessen. In der Pause stellt sich der Florian im Schulhof ganz an den Rand und tritt nach kleinen Steinen. Der Maxi kommt dazu und packt ein paar Murmeln aus. Als der Florian in seiner Hosentasche sucht, findet er auch drei. Jetzt können sie damit spielen.
Zuerst legt der Maxi seine rote Murmel hin. Der Florian darf mit dem Schießen anfangen. Wenn er die Murmel vom Maxi jetzt mit seiner trifft, gehört sie ihm. Und wenn er sie verfehlt, ist der Maxi dran. So haben sie sich die Regeln ausgemacht. Der Florian hat so schon viele Murmeln gewonnen. Und er trifft die rote Murmel vom Maxi auch, aber seine eigenen rollt direkt einem größeren Bub vor die Füße. Der Florian kennt den, weil er mit dem großen Bruder vom Maxi in eine Klasse geht. „Die gehört jetzt mir“, lacht der Bub und steckt die Murmel ein. „Das ist meine!“ ruft der Florian, „gib sie sofort zurück!“ „Hol sie dir, wenn du dich traust“, sekkiert ihn der große Bub und rennt weg. Das ist dem Florian und dem Maxi schon öfter passiert, und normalerweise gehen sie dann zur Lisa, das ist die Pausenaufsicht. Das ist nicht richtig petzen, die Kleinen wollen nur ihr Eigentum zurück. Und wenn es die Lisa den größeren Buben anschafft, rücken die ihre Beute auch wieder heraus. Der Maxi will schon die Lisa suchen gehen, aber der Florian sagt, es ist egal, er braucht die Murmel sowieso nicht mehr.
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16.

„Du kommst mir schön langsam ein bisschen zu oft her“, sagt der Florian zum Stefan. Sonst sagt er nicht viel zu ihm. Der Stefan merkt das gar nicht, weil er selber so viel redet. Der Stefan ist ziemlich fad. Aber die Mama sagt, gerade das tut ihr gut. Und dass sie froh ist, dass sie keine Medikamente mehr braucht.

Die Tanja erzählt dem Florian, dass sich ihre Eltern auch scheiden lassen. „Da bekommst du ein neues Zimmer bei deinem Papa“, sagt der Florian. „Und alle Feste gibt es doppelt. Das ist gar nicht so schlecht“. Obwohl – wenn er dem Papa etwas erzählen will, dann ist der nicht da, wenn der Florian gerade bei der Mama ist. Und umgekehrt. Manchmal hätte der Florian auch gerne einen Bruder oder eine Schwester. So wie sein bester Freund im Haus, der hat einen ganz lieben kleinen Bruder. Den hat sich der Florian heute ausgeborgt, und gesagt „ich will ihn auch einmal ganz für mich haben.“ Da hat sein Freund gelacht und gesagt, „mich nervt er manchmal ganz schön, nimm ihn nur mit.“
Den Stefan sehen wir nicht wieder, Florian. Ich fand ihn eigentlich ganz sympathisch, Mama.
„Ich auch“, sagt die Mama. „Aber der Richtige für uns war er nicht“. Dann zögert die Mama ein bisschen. Eine Woche später erzählt der Florian der Mama, dass er den Stefan in der Früh ins Auto steigen gesehen hat. Und wo das war. Die Mama sagt, das ist kein Wunder, dort wohnen ja sein Sohn und dessen Mama. Der Florian kann sich an den großen Buben gut erinnern, obwohl er ihn nur einmal gesehen hat. Als der Stefan doch wieder kommt, freut sich der Florian für die Mama. Er setzt sich sogar zu den beiden an den Tisch und der Stefan erzählt einmal ihm etwas. Das interessiert den Florian nicht so besonders, aber die Mama gibt auch nur ganz wenige Antworten.
Ich hätte nicht gedacht, dass er mich mit seiner Exfreundin betrügen würde. Er bat mich zu gehen. Also packte ich meine Kleider, mein Lachen, meine Zahnbürste, mein Verständnis, meine Bücher, meine Worte, meine Schuhe und meine Wünsche rasch ein und verschwand.
Kleine Dinge. Gestern gab mir der Mann ein grünes Feuerzeug. Er brachte mich noch zum Zug und ließ mich aus seinem Leben fahren. Er gab mir seine Erklärung mit, für uns mag er nichts mehr hoffen. Ein paar Stunden konnte ich das kleine grüne Feuerzeug noch benützen. Er sagte, es hätte sowieso mir gehört. Fast hätte ich meine Station versäumt, ich war noch so in sein Leben vertieft. Als ich aufsprang, fiel das kleine grüne Feuerzeug zu Boden und ließ sich nicht mehr finden. Fast hätte ich geweint, doch – es war ja nur ein Feuerzeug.
Ich nahm mir ein Taxi und klagte dem Fahrer mein Leid. Der Fahrer war sehr freundlich, er wolle eines suchen, versicherte er, immer wieder ließen die Leute Feuerzeuge im Wagen zurück, erst letzte Woche hätte er zwei herausgeräumt. Er gab mir ein weißes, darauf stand „Sand, Kies und Beton“. Womit, worauf soll ich bauen? Der Fahrer meinte, er wolle noch das zweite suchen, das wäre ein schöneres. Als er es gefunden hatte (es war schwarz mit rosa Herzen) wollte er es mir doch nicht geben. Schließlich stand auf diesem „Pascha“, der Name eines Bordells.
Und heute fuhr ich nach Hause. Ich dachte, ich brauche kein zweites Feuerzeug, wo ich doch schon das weiße bekommen habe. Und dann fand ich ein gelbes zwischen den Sitzen. Als ich es herausholte, merkte ich, dass sogar eine halbvolle Packung Zigaretten daneben liegen geblieben war. Auf diesem Feuerzeug steht „Kraft und Wärme“. Ich finde, es gehört jetzt rechtmäßig mir – wo ein anderer einfach nicht mehr darauf geachtet hat.
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17.

Ich habe versucht, Andreas zu sagen, wie schwer es für mein Kind und mich die letzten zwei Jahre war. Nimm das alles nicht so tragisch, Klara. Es ist einfach so, dass du es nicht bist, nicht für mich. Aber immer wenn er sonst irgendeine Art von Gefühl ausdrückte, tat er das auf Englisch. Dass er sich richtig entschieden hätte, stand in einem e-mail. Auf Deutsch. Take care. Sein Abschied. Er war so ein Idiot. Auch wenn ich ihm das Gegenteil versichern musste. Seltsam, dass ihn mein Urteil noch so traf. Ich sei immer schonungslos gewesen.
Zu der Zeit, als noch alle Tiere in Afrika lebten, geschah es, dass eine Löwin und ihr Löwenjunges ihr Rudel verloren. Das kleine Löwenjunge weinte ganz furchtbar, aber die Löwenmama sprach: „Mein kleiner Löwe, ich habe doch sowieso immer gut gejagt, da kann ich für uns beide alleine ja noch viel leichter Beute machen! Mach dir keine Sorgen!“ „Aber ich möchte jemanden zum Spielen“, schluchzte das Löwenjunge weiter. „Spielgefährten werden wir schon finden“, erwiderte die Mama, „schließlich gibt es genug andere Tiere hier!“
Eines Morgens kam ein großer schwarzer Kater. „Ich bin fast ein Löwe“, miaute er, „ich möchte ein bisschen bei euch bleiben“. „Du bist doch viel kleiner als ein Löwe“, sagte das Löwenjunge, „und viel schwächer bist du bestimmt auch!“ „Dafür bin ich aber sehr klug“, antwortete der Kater, „du kannst von mir etwas lernen!“ „Was kannst du mir denn beibringen?“ fragte das Löwenjunge. „Schau, ich bin ein ganz bequemes Tier“, antwortete der Kater, „ich warte immer, bis mir jemand hilft. Wenn ich einfach gar nichts mache, funktioniert das immer.“ „Aber warum helfen dir die anderen Tiere?“, fragte das Löwenjunge. „Vielleicht weil sie mir zeigen wollen, dass sie größer und stärker sind“, sagte der Kater, „oder vielleicht sind sie einfach nur dumm.“ Das Löwenjunge lief zu seiner Mama. „Hilfst du dem Kater?“ fragte es ganz aufgeregt. „Natürlich helfe ich dem Kater“, sagte die Mama, „er ist doch so arm, er kann ja gar nichts alleine machen.“ „Mich lässt du aber viele Sachen alleine machen!“ rief das Löwenjunge. „Du bist doch ein kleiner Löwe“, sagte die Löwenmama, „du musst einmal ohne mich zurecht kommen!“ „Und der Kater nicht?“ fragte das Löwenjunge. „Da hast du recht!“ sagte die Löwenmama, „der sollte eigentlich jetzt schon ohne mich zurechtkommen.“ Und da schickte sie den Kater fort.
An einem andren Tag gingen die Löwenmama und das Löwenjunge zum großen Fluss. Am Wasser trafen sie ein Nilpferd. Das prustete so laut, dass das Löwenjunge ganz furchtbar lachen musste. „Im Wasser ist es am allerschönsten“ sang das Nilpferd. „Wollt Ihr nicht hereinkommen?“ Die Löwenmama meinte, sie könnten es ja einmal versuchen. Das Löwenbaby durfte auf das Nilpferd hinauf- und hinunterkrabbeln, sooft es wollte. „Und jetzt wälzen wir uns im Schlamm“, rief das Nilpferd. Die Felle der beiden Löwen wurden ganz schmutzig. „Dann müssen wir wieder ins Wasser“, lachte das Nilpferd. „Und jetzt will ich wieder in den Sand“. Das ging eine ganze Weile so. „Mir wird das schön langsam zu anstrengend“, keuchte die Löwenmama. „Dann bleiben wir eben im Wasser“ schlug das Nilpferd vor. „Wir haben aber keine so dicke Haut wie du!“, sagte die Löwenmama. „Dann bleibt doch einfach auf meinem Rücken sitzen! Ich trage euch dann die ganze Zeit!“ Das Löwenjunge stellte sich das lustig vor. „Wir sind Löwen! Wir wollen laufen und nicht getragen werden!“ sagte die Löwenmama. Und sie zogen weiter.
Wieder an einem anderen Tag stießen sie auf einen Hund. „Ich bin ein besonders guter Hund“, stellte der sich vor. „Ich habe gelernt zu gehorchen! Wollt Ihr mir etwas befehlen?“ Das Löwenjunge schaffte dem Hund gleich an, auf einen Baum zu klettern. „Das kann ich nicht“, sagte der Hund. „Du darfst mir nur Sachen befehlen, die ich auch machen kann!“ Das ist aber langweilig, dachte das Löwenjunge. Die Löwenmama sagte zum Hund „Warum willst du denn machen, was wir dir befehlen?“ Der Hund wedelte ein bisschen mit dem Schwanz hin und her und sagte ganz leise: „Damit Ihr mich lieb habt!“ Also ließ die Löwenmama den Hund viele Tage lang bellen, denn das konnte er. Eines Morgens lief eine Hündin vorbei. Da vergaß der Hund auf die Löwenmama und ihr Löwenjunges, rannte hinterher und kam nicht mehr zurück. „Du hättest ihm befehlen können, dass er bei uns bleibt! Oder ihn anbinden sollen!“ sagte das Löwenjunge zu seiner Mama. „Das wollte ich nicht“ sagte die Löwenmama. „Wir Löwen sind freie Tiere, deshalb binden wir auch keine anderen an!“
Es vergingen viele Nächte und Tage. Das Löwenjunge konnte sich nur mehr ganz dunkel ans Rudel erinnern. Die Löwenmama erzählte ihm viele Geschichten, wie es früher einmal gewesen war. Und als der kleine Löwe schon gar nicht mehr recht glauben wollte, dass es noch andere Löwen in Afrika gab, fanden sie zwei. Die waren aber sehr scheu. „Woher kommt Ihr?“ fragte der kleine Löwenjunge. „Wir haben unser Rudel verloren“, sagte das fremde Löwenkind. „Deshalb jagt mein Papa jetzt für mich, das ist toll!“ „Ich muss auch nicht hungern“, sagte der kleine Löwe, „und ich möchte jetzt mit dir spielen!“ „Früher im großen Rudel, da war alles einfacher“, seufzte die Löwenmama. „Ich mag überhaupt nicht mehr im Rudel leben“, behauptete der fremde Löwe. „oder vielleicht doch, ich weiß nicht recht.“ Währenddessen tollten die beiden Löwenkinder herum. „Lass uns miteinander jagen!“ flüsterte die Löwin dem Löwen ins Ohr. Das könnte gut werden, dachte der Löwe und gähnte ein bisschen. Wahrscheinlich hieß das ja.

So hätte ich das gerne gehabt.
*

„der grund für den wahnsinn steckt in einer geschichte voller selbstverlust und selbstentleibung. er setzt ein süchtiges liebesverhältnis voraus, das seine wahrheit beherrscht, das in einem geschlossenen lebensraum anhaltend bestanden hat und im gedächtnis fortbesteht.
aber der wahnsinn besteht auch darin, dass er dieses machtverhältnis in sich selbst weiterführt und seine zwischenmenschlichen lebensverhältnisse hierunter fortbestimmt. es ist daher völlig falsch, dem wahn eine besondere wahrheit zu verleihen, als wäre er der schamane unter den eunuchen. der wahn verliert seine notwendigkeit nur dadurch, dass sich ein mensch - meist muss es der oder die betroffenen selbst sein - zwischen die mächte der aufgehobenen identität, zwischen dem nichts und nichts anderes als etwas anderes wirklich zu machen versteht, also als wirklich veränderter mensch fortbesteht.“
(Zitat nach: http://www.kulturkritik.net/Lex/w.html)
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