Donnerstag, 26. März 2009

ohne titel.

20 Minuten Verspätung. Nie komme ich irgendwohin pünktlich. Und dafür kann ich doch gar nichts. Ich werde überhaupt nicht aussteigen. Ich werde weiterfahren. Ich kenne Köln nicht, ich kenne den Herrn nicht, der da auf mich wartet, ich kenne mich selber nicht mehr. Am Telefon hat er sehr jugendlich geklungen. Ok – er IST sieben Jahre jünger – aber was sind schon sieben Jahre? Ein lausiger Liebhaber sei er, hat er geschrieben, das hat mir noch nie jemand vorher gesagt. Das glaub ich nicht, das kann nicht stimmen, oder? Ich bin falsch angezogen, mir ist heiß, ich schwitze. Wer weiß, ob er da sein wird? Zwanzig Minuten sind lang, warum hab ich ihm nicht gesagt, aus welcher Richtung ich komme? Verdammt, nichts hab ich ihm gesagt, nicht, dass ich verheiratet bin, nicht dass ich ein Kind hab, nicht, dass ich ziemlich viel gelogen hab, um jetzt überhaupt in diesem Schei—zug nach 11 Stunden Fahrt ... Er hat gesagt, er liebt mich. Wie hat er das sagen können, ohne mich je wirklich gesehen zu haben? Nur meine Fotos, meine Texte? Das kann nicht funktionieren, oder? Er wird gar nicht da sein. Noch eine Viertelstunde. Viertel nach, Viertel über, ich lass mich für dich vierteilen. Sagt man alles so, bei uns. Ein Viertel Rot wär jetzt auch nicht schlecht. Bitte lieber Gott, lass ihn nur keinen Säufer sein. Warum hab ich danach nicht gefragt? Wenn er säuft, renn ich sofort davon. Ich versprech mirs. Wieso bin ich damals beim G. so lang geblieben? Wenn ich einen Neuen hab, wird´s leichter gehen zu gehen. Tus doch, sagt die L. Meine Freundin L. – komm ich hab eine Superidee, sagt sie, wir machen ein Fest, und jeder bringt wen mit, den er nicht mehr braucht. Das kann nur der L. einfallen. Warum hab ich nur mein Handy daheim gelassen? So ein Schwachsinn, der G. würde mich nie orten wollen, oder? Wieso drängen die alle so? - Wir sind ja eh gleich da. Er wird wissen, dass ich nichts dafür kann. Er wird warten, obwohl ich gesagt hab, ich werde nie wieder länger als 15 Minuten auf irgendjemanden warten. Er ist ja nicht ich. Er war mir so vertraut aus 1000 km Entfernung. Rote Augen jeden Morgen, aber ganz viel schöne Worte. Ich bin total verrückt. Ich dich auch, habe ich geschrieben, und mir gedacht, es stimmt nicht. Ich kann da nicht aussteigen. Ich kann da nicht aussteigen. Es wird sowieso zu spät sein, ich kenne mich da nicht aus, ich brauche ja nur vorbei zu gehen. Noch fünf Minuten. Ich trommle mit den Fingern ans Fenster. Ich tät gern eine rauchen, aber das ist ja in allen Zügen verboten und aufgehört hab ich ja eigentlich auch. Fünf vor zwölf. Haha. Du hattest immer schon Torschlusspanik, hat mir mal der P. gesagt. Aber mutig find ich mich irgendwie auch. Vielleicht ist er´s ja doch. Keine zweite Chance für den ersten Eindruck, ich muss aufs Klo, das geht erst recht nicht, weil all die Menschen da jetzt schon im Gang stehen, und ich mein Gepäck natürlich auch schon rausgestellt hab, und meinen Koffer nicht allein lassen will, aber zurück ins Abteil geht auch nicht mehr. Der ältere Herr hinter mir lächelt. Plötzlich ist mir alles egal. Ich werde da aussteigen. Ich werde auch so lächeln, ich werde da sagen, was ich will und was ich nicht will. Ich werde ja jetzt schon so geliebt – unbekannterweise, was soll da noch schiefgehen? Ich lächle ein wenig verbissener. Beim Schiefgehen kenn ich mich aus. Und ich weiß plötzlich, was er zu mir sagen wird: „Willst du gleich wieder umdrehen?“ wird er mich fragen, denn alles wird sich wiederholen. „Nein“, werde ich sagen, egal, was ich mir denke. Und ganz stolz werde ich auf mich sein, dass ich dieses Wort als erstes gesagt haben werde.

obiger text ist aus dem archiv gekramt, war einmal ein beitrag von mir zu einem literarischen experiment. was neues fällt mir im schon ziemlich lang andauernden moment leider nicht ein ...
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hier fehlt was;-)

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